Foramen Ovale: Katheterverschluss verpasst (erneut) signifikantes Ergebnis
Basel/Denver – Ein medizinischer Verschluss eines offenen Foramen ovale kann im Prinzip verhindern, dass venöse Thromben als Embolie im Gehirn einen Schlafanfall auslösen. Der medizinische Nutzen dieser pathophysiologisch plausiblen Therapie lässt sich jedoch in Studien schwer belegen, wie jetzt erneut ein US-Hersteller feststellen musste. Der von ihm entwickelte „Schirm“ konnte sich in zwei randomisierten klinischen Studien im New England Journal of Medicine 2013; 368:1083-1100) gegenüber einer medikamentösen Prophylaxe nicht sicher durchsetzen.
Schon vor 135 Jahren hatte der Physiologe Julius Friedrich Cohnheim vermutet, dass Blutgerinnsel aus den Beinarterien durch ein offenes Foramen ovale in den arteriellen Kreislauf schlüpfen und dort eine Hirnarterie verlegen können. Diese paradoxe Embolie wird heute zumindest für einen Teil der Schlaganfälle bei jüngeren Menschen verantwortlich gemacht, die als kryptogen bezeichnet werden, weil keine andere Ursache erkenntlich ist. Ein Verschluss des Foramen ovale, das bei etwa einem Viertel aller Menschen nach der Geburt offen bleibt, ist logischerweise eine präventive Therapie, die allerdings nur dann infrage kommt, wenn die Gefahr eines Schlaganfalls größer ist als die Risiken der Therapie.
Lange Zeit war ein Verschluss nur durch eine offene Herzoperation möglich. Inzwischen gibt es katheterbasierte Therapien. Zu den Anbietern gehörte bis vor zwei Jahren NMT Medical aus Boston: Mit dem STARFlex Septal Closure System gelang es den interventionellen Kardiologen, in 90 Prozent der Fälle das Foramen ovale zu verschließen.
Doch die Rate der Schlaganfälle konnte in einer randomisierten klinischen Studie (CLOSURE I) nicht gesenkt werden. Die Studie hatte die Katheterintervention mit einer oralen Antikoagulation (INR 2,0-3,0) verglichen, die ebenfalls eine paradoxe Embolie verhindern kann und trotz der bekannten Blutungsrisiken ein nur unwesentlich schlechteres Ergebnis erzielte als die Katheterintervention (NEJM 2012; 366: 991-9). Für NMT Medical bedeutete das Ergebnis den wirtschaftlichen Todesstoß. Die Firma wurde inzwischen abgewickelt.
Dieses Schicksal dürfte dem Konkurrenten St. Jude Medical aus Little Canada im US-Staat Minnesota erspart bleiben. Als Hersteller von Herzschrittmachern und Defibrillatoren ist St. Jude Medical breit genug aufgestellt, um das Scheitern einer klinischen Studie zu überleben. Ob die beiden Studien – RESPECT mit 980 US-Patienten und der PC Trial mit 414 Patienten außerhalb der USA (mit deutscher Beteiligung) – tatsächlich gescheitert sind, dürfte zudem in den nächsten Wochen Gegenstand intensiver Diskussionen werden. An beiden Studien nahmen wie in der CLOSURE I-Studie Patienten teil, die in relativ jungem Alter (unter 60 Jahren) einen kryptogenen Schlaganfall erlitten hatten und bei denen ein Wiederholungsrisiko angenommen wurde.
In beiden randomisierten Studien erhielt ein Teil der Patienten eine medikamentöse Prophylaxe. Sie bestand in den USA bei einem Viertel der Patienten in einer oralen Antikoagulation, bei den anderen in einer antithrombozytären Therapie. In der Parallelstudie erhielten alle Patienten des Vergleichsarms eine antithrombozytäre Therapie. Im Interventionsarm der beiden Studien wurde das offene Foramen ovale mit einem Amplatzer PFO-Occluder verschlossen, was in mehr als 90 Prozent der Fälle auch gelang.
In der PC-Studie kam es in den folgenden 4,1 Jahren im Interventionsarm bei 7 Patienten (3,4 Prozent) zum primären Endpunkt aus Tod, Schlaganfall, transitorischer ischämischer Attacke oder peripherer Embolie. Unter der medikamentösen Therapie trat das Ergebnis bei 11 Patienten auf (5,2 Prozent). Dies ergibt nach den Berechnungen von Bernhard Meier, Inselspital Basel, und Mitarbeitern eine Hazard Ratio von 0,63, die bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,24 bis 1,62 das Signifikanzniveau klar verfehlte.
Auch in der RESPECT-Studie war das Ergebnis nicht signifikant, obwohl wie John Carroll von der Universität von Colorado in Denver berichtet, die Zahl der erneuten Schlaganfälle von 16 unter der medizinischen Therapie auf 9 gesenkt wurde. Doch auch hier hatte die Hazard Ratio von 0,49 ein zu weites Konfidenzintervall (0,22 bis 1,11), um streng genommen einen Zufall auszuschließen.
Erst in zwei „präspezifizierten“ Analysen wurde das Signifikanzniveau dann doch erreicht. Im Unterschied zur CLOSURE I-Studie, wo gar kein Rückgang der Schlaganfälle aufgetreten war, ist ein solcher in beiden Studien wenigstens in der Tendenz erkennbar. Es dürfte deshalb in den kommenden Monaten nicht an Versuchen fehlen, durch die gemeinsame Auswertung der beiden Studien doch noch zu zweifelsfreien Ergebnisse zu kommen.
Vorstellbar ist auch, dass sich mit weiteren Nachbeobachtungen ein Vorteil eindeutig erkennbar wird. Dennoch müssen bei jedem einzelnen Patienten die Risiken der Therapie (die vom Vorhofflimmern bis zur Herztamponade reichen) gegenüber dem Nutzen abgewägt werden.
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