Medizin

Forscher züchten künstliche Gallengänge

  • Dienstag, 4. Juli 2017

Cambridge - Britischen Forschern ist es gelungen, im Labor aus Epithelzellen der Gallengänge Organoide zu züchten, die sie laut einem Bericht in Nature Medicine (2017; doi: 10.1038/nm.4360) verwendeten, um Defekte in einer Gallenblase zu schließen und eine Prothese des gemeinsamen Gallengangs zu besiedeln.

Erkrankungen der Gallengänge haben eine hohe Morbidität und Mortalität. Die einzige Behandlung für die extrahepatische Gallengangsatresie im Kindesalter besteht in einer Lebertransplantation. Auch für die primär sklerosierende Cholangitis kann eine Organverpflanzung die einzige lebensrettende Behandlung sein.

Eine Lösung könnte sich aus der kulturellen Vermehrung von Gallengangsepithelien ergeben, die einem Team um Ludovic Vallier vom Stem Cell Institute an der Universität Cambridge gelungen ist. Die Forscher öffneten menschliche Gallengänge, die bei Lebertransplantationen angefallen waren, und entfernten aus der Innenschicht die Epithelien, aus denen sie dann im Labor extrahepatische Cholangiozyten-Organoide (ECO) züchteten. Diese kleinen Zellbällchen dienten als Ausgangsmaterial für weitere Experimente, die an immundefizienten Mäusen durchgeführt wurden.

Zunächst wurden den Tieren einzelne ECO unter die Nierenkapsel implantiert. Die ECO vermehrten sich und bildeten spontan komplexe röhrenförmige Strukturen, die den Gallengängen ähnelten. In einem weiteren Experiment wurde die Wand einer Gallenblase repariert, wobei die ECO auf ein Gerüst aus Polyhydroxyessigsäure aufgetragen wurden, das vom Körper nach einiger Zeit abgebaut wird. Die Cholangiozyten überlebten und dichteten die Gallenblase nach außen ab.

Abschließend verwendeten die Forscher die ECO zur Reparatur des gemeinsamen Gallengangs, der bei Mäusen nur einen Innendurchmesser von 100 µm hat bei einer Wanddicke von 50 µm. Dieses Mal wurde als Gerüst eine Röhre aus Kollagenfasern verwendet. Nach einigen Wochen hatten die Cholangiozyten die Röhrchen von innen komplett ausgekleidet. Das Interponat blieb durchlässig für die Gallenflüssigkeit und könnte sich deshalb zur Behandlung von Gallengangstenosen eignen.

Ein Einsatz beim Menschen ist derzeit nicht geplant. Die Verwendung von Cholangiozyten von Organspendern würde eine lebenslange Immunsuppression erforderlich machen. Das Fernziel der Forscher ist, die ECO aus einer Gewebeprobe des Patienten (etwa der entfernten Gallenblase) zu erzeugen, um die Gallengänge aus körpereigenen Zellen zu rekonstruieren.

rme

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