Frauenärzte wehren sich gegen Abschiebungen durch medizinische Gutachten

Berlin – Frauenärzte sind im Praxisalltag unmittelbar mit den Folgen weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) konfrontiert. Ihre medizinischen Gutachten können aber auch dazu führen, dass Betroffene kein Asyl erhalten. Die Gynäkologen mahnen dringend Änderungen an.
Frauenärzte erstellen medizinische Gutachten, die essenziell für die asylrechtliche Beurteilung der Betroffenen durch das Bundesamt für Migration und Flucht (BAMF) sind. Nach Aussagen des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF) würden Gynäkologen zwar bei vorliegender FGM eine vorhandene Schutzbedürftigkeit annehmen. Diese stellt demnach fall- und sachverhaltsbezogen aber auch die Basis für eine Abschiebung dar.
Dem Berufsverband zufolge wird in vielen Fällen einzig eine drohende FGM als Asylgrund anerkannt. Das sei aus medizinischer Sicht inakzeptabel und stünde im Widerspruch zu dem Bekenntnis, Frauen und Mädchen vor geschlechtsbezogener Gewalt zu schützen, betonte der BVF heute.
„Frauenärztinnen und Frauenärzte werden hier nicht länger Gutachten ausstellen, wenn dann die Attestierung einer Verstümmelung als Grund für eine Zurückweisung herangezogen wird, weil den Frauen vermeintlich kein Leid mehr droht“, kritisiert Werner Harlfinger vom BVF. „Wir können uns hier nicht instrumentalisieren lassen“, sagte er weiter.
Die Tatsache, dass eine bereits erlittene Genitalverstümmelung nicht als Asylgrund anerkannt werde, ignoriere die problematischen Folgen von FGM, ebenso wie die Gefahr für Mädchen und Frauen, im Laufe ihres Lebens erneut FGM erleben zu müssen, betonte Harlfinger.
Der BVF kritisiert, dass die Auslegungen des BAMF bezüglich der Schutzbedürftigkeit keinen einheitlichen Regeln folgen würden. Es brauche eine einheitliche Handhabung des BAMF, da Frauenärztinnen und -ärzte bei der Attestierung von FGM in ein Dilemma gerieten.
Am 6. Februar ist der internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Es handelt sich um eine völkerrechtlich schwere Menschenrechtsverletzung, bei der die Vagina beschnitten und zugenäht wird. Das kann vielfältige akute medizinische Probleme sowie psychische und physische Langzeitfolgen auslösen.
Nach Schätzungen der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes leben in Deutschland mehr als 100.000 betroffene Mädchen und Frauen.
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