Fritten-Bude statt Fitness-Center: Was in Städten die Adipositas fördert

London – Menschen, die weniger als einen Kilometer vom nächsten Fitnessstudio, Schwimmbad oder anderen Sportstätten entfernt leben, haben einer bevölkerungsbasierten Kohortenstudie in Lancet Public Health (2017; doi: 10.1016/S2468-2667(17)30212-8) zufolge einen geringeren Taillenumfang, einen niedrigeren Body-Mass-Index (BMI) und einen niedrigeren Körperfettanteil als Menschen, die keine Trainingsangebote in Wohnortnähe vorfinden. Fastfood-Restaurants fördern dagegen die Entwicklung einer Adipositas.
Die Urbanisierung ist weltweit eine wichtige Ursache für die Zunahme der Adipositas und ihren Folgekrankheiten wie Typ 2-Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall. Sie trägt damit wesentlich zu der Morbidität und Mortalität der Bevölkerung und den steigenden Gesundheitskosten bei. Städte gelten als „adipogen“, weil die Bevölkerung Transportmittel nutzen kann und Zugriff auf günstige hochkalorische Nahrungsmittel hat. Vor allem im innerstädtischen Bereich fehlt es häufig an Einrichtungen, die zu sportlichen Aktivitäten motivieren. In sogenannten Lebensmittelwüsten („Food deserts“) sucht man vergeblich nach Geschäften, die Lebensmittel für eine ausgewogene Ernährung anbieten.
Kate Mason von der London School of Hygiene & Tropical Medicine und Mitarbeiter haben den Zusammenhang jetzt an den Daten der UK Biobank untersucht, die in den Jahren 2006 bis 2010 mehr als eine halbe Million Briten untersucht hat und dabei in der Regel auch Taillenumfang, BMI und Körperfettanteil bestimmt hat. Der Wohnort der Teilnehmer wurde dann mit den Daten der „Ordnance Survey“ abgeglichen, einer britischen Behörde zur Landvermessung, die auch die Adressen von Sporteinrichtungen und Fastford-Restaurants erfasst.
In Großbritannien gibt es viele Fitness-Studios, Vereine oder andere Sporteinrichtungen. Sie befinden sich im Durchschnitt in weniger als einem Kilometer Luftlinie von den Wohnungen entfernt. Ein Drittel der Briten müsste allerdings weitere Strecken zurücklegen. Diese Gruppe hat nach den Berechnungen von Mason einen um 1,22 cm größeren Taillenumfang, einen um 0,57 kg/m2 größeren BMI und einen um 0,81 Prozentpunkte höheren Körperfettanteil.
Die Schaffung von Sportstätten in der näheren Umgebung könnte deshalb der Adipositas der Bevölkerung entgegenwirken, schreibt Mason.
Eine weitere Möglichkeit könnte die Einschränkung von Lizenzen für Imbisse sein. Mason fand nämlich heraus, dass auch die Nähe zum nächsten Imbiss die Adipositas fördert, der Einfluss war allerdings weniger stark als bei den Sportstätten. Briten, die weniger als 500 Meter vom nächsten Fastfood-Geschäft entfernt wohnen, hatten einen um 0,26 cm größeren Taillenumfang und auch BMI und Körperfettanteil waren höher als bei Briten, die mehr als zwei Kilometer bis zum nächsten Imbiss zurücklegen mussten.
Die leichte Fastfood-Verfügbarkeit wirkte sich vor allem bei Frauen negativ auf Körpergewicht und Verfettung aus. Mason führt dies auf die häusliche Tätigkeit vieler Frauen zurück, die seltener die Wohnung verlassen und deshalb besonders anfällig für die schnellen Mahlzeiten aus der Imbissküche seien.
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