Ärzteschaft

Gastroenterologen legen erstmals Weißbuch zu Erkrankung des Verdauungssystems vor

  • Mittwoch, 31. Mai 2017
Verdauungstrakt /ag visuell stock.adobe.com
/ag visuell, stock.adobe.com

Berlin – Jährlich werden rund zwei Millionen Menschen, die an einer Erkrankung des Verdauungssystems leiden, im Krankenhaus behandelt. Dennoch zählen gastroentero­logische Erkrankungen nicht zu den typischen Volkskrankheiten. Zu diesem Schluss kommt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoff­wech­sel­krankheiten (DGVS) in ihrem neuen „Weißbuch Gastroenterologische Erkran­kungen 2017“. Mit dem erstmalig aufgelegten Zahlenwerk will die DGVS eine Grundlage für Diskussionen über die Gegenwart und Zukunft der gastroenterologischen Erkrankun­gen in Deutschland schaffen.

Einer kleinen, nicht repräsentativen Umfrage der DGVS auf dem Berliner Alexander­platz zufolge verbanden viele Passanten den Begriff Gastroenterologie vornehmlich mit dem Gaststättengewerbe oder der Verarbeitung von Lebensmitteln. Um das tatsächliche Ausmaß von Erkrankungen des Verdauungstraktes zu veranschaulichen, vergleicht die DGVS diese im Vorwort des Weißbuchs mit anderen Volkskrankheiten: Die Behandlung von Menschen mit Krankheiten der Verdauungsorgane im Krankenhaus erfordert mehr als elf Millionen Belegungstage. Damit übertreffen Krankenhaustage aufgrund von gastroenterolgischen Leiden Diabetes-mellitus-bedingte Klinik­aufent­halte um mehr als das Neunfache. Auch Erkrankungen der Lunge oder psychische Leiden führen nur zu halb so vielen Tagen in der Klinik, und ein Drittel der Zeit geht zulasten von Infektionskrankheiten.

Mehr als 37.000 Menschen sterben jedes Jahr an Krankheiten der Verdauungsorgane – auch hier deutlich mehr als an Infektionskrankheiten, psychischen Störungen, Demenz oder den muskuloskelettalen und neurologischen Erkrankungen. Nicht eingerechnet sind hierbei bösartige Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, der Leber und des Pankreas. Sie führen zu weiteren 3,3 Millionen Behanldungstagen und fordern 24.000 Todesfälle pro Jahr.

Gastroenterologie an allen medizinischen Fakultäten vertreten

Entsprechend der steigenden Krankheitszahlen stieg zwischen 1996 und 2011 auch die Zahl der gastroenterologischen Fachabteilungen an deutschen Krankenhäusern um 70 Prozent und die Zahl der stationär tätigen Gastroenterologen um 130 Prozent. Das Fachgebiet ist zudem an allen 36 staatlichen Universitäten mit medizinischen Fakultä­ten mit Hochschulprofessuren vertreten. 

Bei der Förderung durch die Deutsche For­schungs­gemeinschaft (DFG) schneidet die Gastroenterologie laut Weißbuch ebenfalls gut ab:  „Von 2005 bis 2015 hat sich die Zahl der positiv entschiedenen Anträge aus der Gastroenterologie von 40 auf 71 pro Jahr nahezu verdoppelt. Auch im Vergleich mit anderen internistischen Disziplinen ist die Drittmitteleinwerbung als außerordentlich erfolgreich zu bezeichnen. So betrug die DFG-Förderquote für Einzelförderungsanträge im Jahr 2015 60,2 Prozent für die Gastroenterologie, 47,9 Prozent für die Hämato-Onko­logie und 36,7 Prozent für die Kardiologie.“

Der Präsident der DGVS, Frank Lammert, fordert hingegen ein Umdenken. Denn die Versorgung der Patienten sei in der Priorisierung der Gesundheitspolitik und Wissen­schaftsförderung immer noch auf einem relativ niedrigen Niveau. „Bis heute ist beispiels­weise eine Förderung durch koordinierte Projekte der Wissenschaftsförderung des Bundes, wie etwa die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung oder die Integrierten Forschungs- und Behandlungszentren, ausgeblieben – und das trotz der Relevanz der Erkrankungen im Hinblick auf Mortalität, Morbidität sowie Kosten und trotz des international sehr hohen Ansehens der deutschen gastroenterolgischen Forschung.“

Die statistischen Daten und ökonomischen Zusammenhänge wurden vom Center for Health Economics Research in Hannover (CHERH) validiert. Die Kapitel beschäftigen sich mit medizinischen Aspekten, Epidemiologie, Kosten und einer Liste offener Fragen. Diese Fragen sollen den aktuellen Bedarf an wissenschaftlichen Studien, Innovationen und gesundheitsökonomischen Verbesse­rungen darstellen. Abschließend wird auf die Perspektiven der gastroenterologischen Weiterbildung und den gastroenterologischen Forschungsbedarf eingegangen.

gie

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