Autismus: Therapie mit Stuhltransplantation wirkt in Phase-1-Studie

Arizona – Eine tägliche Stuhltransplantation lindert bei Autisten nicht nur gastrointestinale Symptome. Auch die soziale Kompetenz und problematische Schlafgewohnheiten verbessern sich um etwa 20 bis 25 Prozent. Die Ergebnisse der Phase-1-Studie wurden in Microbiome publiziert (2017; doi: 10.1186/s40168-016-0225-7). Für die Praxis ist die Therapie aber noch nicht bereit. Die Seniorautorin Rosa Krajmalnik-Brown vom Biodesign Institute der Arizona State University (ASU) warnt ausdrücklich vor schwerwiegenden Darminfektionen bei Do-it-yourself-Versuchen ohne Arzt.
Frühere Studien weisen darauf hin, dass Autismussymptome sich auch in der Zusammensetzung des Mikrobioms widerspiegeln. Die Bakterien und Mikroorganismen der Darmflora waren daher auch Ziel der neuen Therapie, die die Forscher der ASU bei 18 autistischen Teilnehmern im Alter von sieben bis 16 Jahren getestet haben.
Die Therapie bestand aus einer zehnwöchigen Behandlung. Zu Beginn nahmen die Kinder zwei Wochen lang Antibiotika. Es folgten eine Darmreinigung und ein täglicher Transfer fäkaler Mikrobiota (FMT, englisch: microbiota transfer therapy, MTT) über sieben bis acht Wochen. Dabei wurden die standardisierten Human Gut Microbiota (SGHM) entweder oral oder rektal verabreicht. Bei der oralen Dosis konnten die Kinder zwischen Schokoladenmilchgeschmack oder Saft auswählen (siehe Kasten).
Gemeinsam mit der Northern Arizona University, der Ohio State University und der University of Minnesota konnten sie einen Vorteil einer Stuhltransplantation nachweisen. Die Vielfalt der Organismen des Mikrobioms nahm zu. „Vor allem Prevotella-Bakterien, die bei autistischen Kindern eher in geringer Zahl den Darm besiedeln, stieg an“, berichtet Dae-Wook Kang von der ASU. Die neu gewonnenen Bakterien blieben dem Darm auch noch acht Wochen nach der Behandlung erhalten. Magen-Darm-Probleme wie Verstopfung, Durchfall oder Bauchschmerzen, an denen alle 18 Teilnehmer litten, nahmen bei etwa 80 Prozent ab. Insgesamt gehen Experten davon aus, dass bis zu 70 Prozent der autistischen Kinder unter Magen-Darm-Problemen leiden. Die soziale Interaktion besserte sich nach der Fäkaltransplantation bei 20 bis 25 Prozent. In erster Linie diente die Phase-1-Studie dazu, die Sicherheit und Wirksamkeit zu belegen, teilt James Adams von der ASU mit. Studien der Phase 2 und 3, die eine Placebokontrolle integrieren, sollen folgen.
Viele Aspekte des FMT sind derzeit noch ungeklärt. Dazu gehört die Frage, ob
Darmbakterien den Patienten über eine Magensonde oder über einen Einlauf zugeführt werden sollten, ob vor der Behandlung eine Darmreinigung erforderlich ist und wie häufig die Behandlung wiederholt werden muss, teilte die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) im vergangenen Jahr mit. „Solange diese Fragen nicht eindeutig geklärt sind, sollte der FMT nicht außerhalb von Studien durchgeführt werden“, betont Britta Siegmund von der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
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