Gefäßchirurgen kritisieren Leitlinie zur Aortenerkrankungen

Berlin – Scharfe Kritik an einer Anfang des Jahres erschienen medizinischen Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung von Aortenerkrankungen übt die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG).
Für die von der European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) und der Society of Thoracic Surgeons (STS) erstellten Leitlinie sei keine gefäßchirurgische Expertise hinzugezogen worden, bemängelt die Fachgesellschaft. Dies sei unverständlich, weil die Gefäßchirurgie die tragende Rolle in der Behandlung der Schlagader übernehme.
Die im European Journal of Cardio-Thoracic Surgery erschienenen Leitlinie (2024, DOI: 10.1093/ejcts/ezad426) sorgte für Aufsehen, weil die Aorta danach als eigenständiges Organ anzuerkennen sei.
Für Farzin Adili, Vize-Präsident der DGG und Direktor der Klinik für Gefäßmedizin, Gefäßchirurgie und Endovaskuläre Chirurgie am Klinikum Darmstadt, steht fest: „Ob die Aorta als Organ betrachtet wird oder nicht, ändert nichts daran, dass die Therapie komplexer Aortenerkrankungen in den Händen von spezialisierten Gefäßchirurginnen und Gefäßchirurgen liegen sollte!“
Entscheidend für die Behandlung von Aortenerkrankungen sind der DGG zufolge die Expertise und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen chirurgischen Fächern. Für den Bereich der aufsteigenden Aorta – also dem Teil der Schlagader, der direkt vom Herzen ausgeht – sei häufig die Herzchirurgie zuständig.
Gefäßchirurgen wiederum übernähmen die Behandlung der absteigenden Aorta sowie der Bauchaorta, wo sie offene Operationen und minimal-invasive Eingriffe vornähmen. Von den rund 15.000 Eingriffen an der Aorta übernähmen Gefäßchirurgen in Deutschland jedes Jahr rund 12.000 Operationen wegen Bauchaortenaneurysmen.
Doch in der Anfang 2024 veröffentlichten Leitlinie werde das Bauchaortenaneurysma auf wenigen Spalten abgehandelt und damit „stark vernachlässigt“, so die DGG. Die European Society for Vascular Surgery (ESVS) habe hingegen im Juni 2024 eine Leitlinie allein zum Bauchaortenaneurysma veröffentlicht, die 140 Seiten umfasse.
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