Genitalverstümmlung bleibt ein Problem

Berlin – Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sind weltweit rund 200 Millionen Frauen von Genitalverstümmlung betroffen. „Die Beschneidung von Mädchen und Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung und hat schwerwiegende körperliche und seelische Folgen“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesärztekammer (BÄK) und Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Ulrich Clever, zum internationalen Tag gegen Genitalverstümmelung am 6. Februar.
Das Hilfswerk Terre des Femmes rechnet in Deutschland mit mehr als 58.000 betroffenen und rund 13.000 gefährdeten Mädchen und jungen Frauen. Man müsse davon ausgehen, dass dieses Problem mit der wachsenden Zahl von Geflüchteten in Europa zunehme, sagte Clever. Die BÄK hat „Empfehlungen zum Umgang mit Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung“ erarbeitet, damit Ärzte den traumatisierten Frauen die notwendige Sensibilität entgegen bringen können.
„Die anatomischen und seelischen Folgen von Genitalverstümmelung müssen bei Geburt, Operation sowie Wundversorgung medizinisch und psychotherapeutisch berücksichtigt werden“, sagte Clever. Eine kultursensible Beratung und Anamnese sei in den Mittelpunkt der Behandlung zu stellen, so der BÄK-Menschenrechtsbeauftragte. Er betonte jedoch, dass die Rechtslage in Deutschland eindeutig sei: Genitalverstümmelung ist ein Straftatbestand und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Eine eventuelle Einwilligung der Patientin in den Eingriff entfaltet keine rechtfertigende Wirkung, weil die Tat trotz der Einwilligung laut Paragraph 228 des Strafgesetzbuches gegen die „guten Sitten“ verstößt. Insbesondere Eltern drohten im Zusammenhang mit dem Eingriff je nach Tatbeitrag erhebliche strafrechtliche Konsequenzen.
Laut der Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) sind Genitalverstümmelungen seit dem Jahr 2000 weltweit um fast ein Viertel zurückgegangen. „Doch aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums in besonders betroffenen Ländern könnten diese Fortschritte zunichte gemacht werden. Wenn nicht mehr getan wird, werden weitere Millionen Mädchen und Frauen diese grausame Praktik erleiden müssen“, sagte Renate Bähr, Geschäftsführerin der DSW.
Bei der Genitalverstümmelung, die oft als wichtiges Übergangsritual vom Mädchen zur Frau gilt, wird die Klitoris teilweise oder vollständig entfernt – häufig ohne Narkose und mit einfachen Hilfsmitteln wie Glasscherben oder Rasierklingen.
Der internationale Tag gegen Genitalverstümmelung wurde 2004 von der First Lady von Nigeria, Stella Obasanjo, ausgerufen. Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen (UNO) erklärte ihn in der Folge zum internationalen Gedenktag.
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