Medizin

Gentherapie der Epidermolysis bullosa wird gut vertragen

  • Mittwoch, 2. November 2016

Palo Alto – Hauttransplantate aus genetisch veränderten autologen Epidermiszellen haben bei vier Patienten mit rezessiver Epidermolysis bullosa dystrophica die Blasenbildung der Haut begrenzt, zu der es bei der erblichen Hauterkrankung infolge von Mutationen in einem Kollagen-Gen kommt. Die im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2016; 316: 1808-1817) publizierten Studienergebnisse sind die erste erfolgreiche Anwendung der Gentherapie bei dieser seltenen Hautkrankheit.

Ursache der Epidermolysis bullosa sind unterschiedliche Gendefekte, die die Veran­kerung der Epidermis in der Dermis schwächen. Bei den Betroffenen kommt es bei den leichtesten Verletzungen zu einer Blasenbildung, die schmerzhafte Ulzera hinterlassen und schlecht abheilen. Einige dieser „Schmetterlingskinder“ sterben bereits in den ersten Lebensjahren, andere erreichen unter ständiger Pflege das Erwachsenenalter, sind dann aber durch Hautkrebse gefährdet, die sich in der ständig entzündeten Haut bilden.

Bei der rezessiven Epidermolysis bullosa dystrophica befindet sich der Defekt im Gen COL7A1. Es enthält die Information für das Kollagen vom Typ VII, das an der Veran­kerung der Haut in der Dermis beteiligt ist. Die Stanford Blistering Disease Clinic in Palo Alto arbeitet seit zwei Jahrzehnten an der Entwicklung einer Gentherapie. Dazu sollen einzelne Keratinozyten aus Hautbiopsien isoliert und im Labor mit einer korrekten Version des Gens COL7A1 versehen werden.

Dies geschieht in der Regel mit Hilfe von harmlosen Adenoviren. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass diese Viren zu klein sind, um das mehr als 9.000 Basen große Gen aufzunehmen. Das Team um Peter Marinkovich musste deshalb auf ein Retrovirus zurückgreifen, das eine größere „Frachtkapazität“ hat, um die korrekte Version des Gens in den Keratinozyten abzuliefern. Die Zellen wurden dann im Labor kultiviert und zu Hauttransplantaten von der Größe von Smartphone-Bildschirmen expandiert. 

Die Transplantate dienten zur Deckung der zahlreichen Hautläsionen der Patienten. Die vier Teilnehmer der Phase 1-Studie litten unter der Hallopeau–Siemens-Variante der Epidermolysis bullosa, die häufig einen schweren Verlauf nimmt. Im Alter von 18 bis 32 Jahren waren 4 bis 30 Prozent der Haut von einer Blasenbildung betroffen. Jeder Patient erhielt sechs Transplantate.

Laut Marinkovich wurden zunächst alle 24 Transplantate gut angenommen. Nach drei Monaten waren noch 21 und nach einem Jahr noch zwölf Transplantate intakt. Die korrekte Version des Typ VII-Kollagens wurde nach drei Monaten in neun von zehn untersuchten Transplantaten nachgewiesen. Bei einer weiteren Untersuchung nach einem Jahr enthielten noch fünf von zwölf Transplantaten das für die Verankerung wichtige Protein.

Dies ist zwar kein hundertprozentiger Erfolg, doch für die betroffenen Patienten bedeute jede Verbesserung der Wundheilung eine Erleichterung, erklärt Marinkovich. Mit jedem Transplantat sinke zudem das Risiko, langfristig an Hautkrebs zu erkranken, der bei Patienten mit rezessiver Epidermolysis bullosa häufig tödlich endet.

Retroviren stellen ein potenzielles Sicherheitsrisiko dar. Das verwendete murine Leukämie-Virus soll für den Menschen jedoch nicht pathogen sein. Vorsichtshalber werden regelmäßig Blutproben der Patienten untersucht. Bislang seien alle Tests negativ ausgefallen, versichert Marinkovich. Das Team plant jetzt eine Phase 2-Studie mit einer größeren Anzahl von Patienten.

rme

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