Gericht: Gebärdensprachenkurs für Kind mit Sprachentwicklungsstörung

Darmstadt – Einem Kind mit einer Sprachentwicklungsstörung muss nach Auffassung des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) ein Gebärdensprachenkurs zu Hause gewährt werden.
„Anspruchsberechtigt können auch Menschen sein, deren Sprachfähigkeit hinsichtlich der Wortfindung oder dem Artikulationsvermögen beeinträchtigt ist“, heißt es zu dem Beschluss (Az. L 4 SO 218/21 B ER) in einer Mitteilung.
Mit einer einstweiligen Anordnung verpflichtete das Gericht die Stadt Kassel vorläufig, einem vierjährigen Mädchen einen solchen Kurs im Umfang von vier Stunden in der Woche zu gewähren. Das Klageverfahren läuft noch.
Die Eltern der Vierjährigen hatten den Kurs in Umfang von sechs Stunden pro Woche beantragt. Das Mädchen kann aufgrund einer Sprachentwicklungsstörung ohne sprachrelevante Hörstörung nicht intuitiv die Zunge bewegen.
Das Sprechvermögen befinde sich auf dem Stand eines 2,5-jährigen Kindes, während das Wortverständnis einem fünfjährigen Kind entspreche. Das Mädchen fühle sich nicht verstanden und reagiere häufig aggressiv. Zudem werde die Vierjährige im kommenden Jahr eine Förderschule besuchen, in der auch Gebärden unterrichtet werden.
Die Stadt Kassel hatte den Antrag abgelehnt und dies unter anderem damit begründet, dass das Erlernen der Gebärdensprache kontraproduktiv sei und das Kind überfordere. Eine logopädische Behandlung, eine Kindergartenintegrationsmaßnahme und interdisziplinäre Frühförderung verspreche mehr Erfolg.
Das Mädchen sei wesentlich in seiner Teilhabefähigkeit eingeschränkt, begründete das Gericht. Nach den ärztlichen Stellungnahmen stoße es mit der Mundmuskulatur an seine Grenzen. Um die psychische Belastung abzumildern, sei es äußert wichtig, als weiteres Kommunikationsmittel die Gebärdensprache zu erlernen. Der Beschluss ist unanfechtbar.
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