Gesundheitssystem nicht auf demografischen Wandel vorbereitet

Berlin – Das deutsche Gesundheitssystem ist nach Ansicht des Gesundheitsökonomen Fritz Beske nicht auf den demografischen Wandel und eine älter werdende Bevölkerung vorbereitet. Bereits ab 2020 würden die Anforderungen an die Gesundheitsversorgung steigen, bevor sie 2040 ihren Höhepunkt erreichten, erklärte Beske am Donnerstag bei der Vorstellung einer neuen Studie des nach ihm benannten Instituts für Gesundheits-System-Forschung in Berlin.
Für die „Versorgungsprognose 2060“ hat das Institut auf Basis von Bevölkerungshochrechnungen und aktueller Daten der Gesundheitsversorgung eine Vorhersage erstellt, die laut Beske „alarmiert“. Trotz einer bis 2060 um 17 Millionen auf 65 Millionen sinkenden Bevölkerungszahl werden demnach die Leistungsanforderungen in der Krankenhausversorgung, ambulanten Versorgung und Arzneimittelversorgung zunehmen.
Es seien „immer mehr komplexe, anspruchsvolle, personalintensive und daher teure Leistungen erforderlich", wie zum Beispiel in der Intensivmedizin oder in der Schlaganfallbehandlung. Einzig die Leistungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene werden laut der Studie in den kommenden Jahrzehnten wegen des Bevölkerungsschwundes sinken.
Den größten Handlungsbedarf sieht die Studie in der Versorgung Pflegebedürftiger. Schon heute fehlen Pflegekräfte. Bis 2060 sind laut der Prognose 783.000 zusätzliche Pflegekräfte erforderlich. Weil besonders die Schwer- und Schwerstpflegebedürftigkeit zunehme, würden vor allem höher qualifizierte Pflegekräfte benötigt. Weiterhin werde sich der Bedarf an Pflegeheimplätzen bis 2060 von derzeit 845.000 Plätze auf rund 1,95 Millionen mehr als verdoppeln. Die Ausgaben der Pflegeversicherung werden demnach zwischen 2009 und 2060 allein aufgrund der Bevölkerungsentwicklung von 19,7 auf 41,6 Milliarden Euro steigen.
„Unser Gesundheits- und Sozialwesen ist auf den Sturm des demografischen Wandels noch nicht vorbereitet, und die Zeit drängt“, mahnte Beske. Bereits seit 20 Jahren sagten Bevölkerungswissenschaftler den demografischen Wandel voraus. Bislang sei aber keine wirkliche Vorsorge in Gesundheit und Pflege getroffen worden. Die Baby-Boomer-Jahrgänge von 1955 bis 1967 gingen statistisch gesehen ab 2015 in den Ruhestand, tatsächlich jedoch aber früher und „bereits dann werden die Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung auftreten“, warnte der Gesundheitsökonom.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: