Gesundheitsversorgung von EU-Bürgern: Bundesregierung stiehlt sich aus der Verantwortung
München – In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zur medizinischen Versorgung von EU-Bürgern in Deutschland hat die Bundesregierung das Ende vergangenen Jahres in Kraft getretene „Leistungsausschlussgesetz“ verteidigt. Die Hilfsorganisation Ärzte der Welt hingegen sieht durch das Gesetz die angemessene Gesundheitsversorgung einzelner Bevölkerungsgruppen in Deutschland gefährdet. Sie appellierte an die künftige Regierung, diesen Missstand zu beheben.
Das Leistungsausschlussgesetz gewährt Arbeitssuchenden aus Rumänien oder Bulgarien, die sich seit weniger als fünf Jahren in Deutschland aufhalten, nur noch für maximal einen Monat Anspruch auf Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung. Darüber hinaus wird diese offiziell nur bei akuten Schmerzuständen oder Schwangerschaft gewährt.
„Unsere Mitarbeiter haben tagtäglich mit Menschen zu tun, die von dem Gesetz direkt oder indirekt betroffen sind – weil ihnen notwendige Leistungen verweigert werden oder weil sie sich aus Angst, die hohen Behandlungskosten selbst tragen zu müssen, nicht zum Arzt trauen“, mahnt die Hilfsorganisation. Denn offene Formulierungen im Gesetzestext sorgten bei Patienten, medizinischen Dienstleistern und Sozialämtern für große Unsicherheit.
„Die Bundesregierung operiert mit unbestimmten Rechtsbegriffen und schiebt somit die Verantwortung auf Kommunen, Gerichte, Ärzte und Krankenhäuser ab“, kritisierte François De Keersmaeker, Direktor von Ärzte der Welt Deutschland. Er forderte die Regierung auf, EU-Bürgern bundesweit den Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen.
Bereits im August hatte Ärzte der Welt gemeinsam mit 29 anderen Organisationen einen Brief an Bundesministerin Andrea Nahles verfasst, um auf die massiven negativen Auswirkungen aufmerksam zu machen, die das Gesetz für viele EU-Bürgern hat.
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