Greenpeace findet multiresistente Keime und Antibiotika in Gülle

Hamburg – Gülle aus Schweineställen trägt nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace großflächig multiresistente Keime und Antibiotika in die Umwelt. Wie die Organisation heute unter Berufung auf Laboranalysen von 19 Proben aus sieben Bundesländern mitteilte, enthielten 13 davon Bakterien mit Resistenzen gegen das Beta-Lactam-Antibiotikum, das auch Menschen verabreicht wird. Sechs Proben enthielten Resistenzen gegen gleich drei Antibiotika-Gruppen.
15 der 19 Gülleproben enthielten der Untersuchung zufolge auch Rückstände von Antibiotika, vor allem aus einer Gruppe von Breitbandpräparaten. „Die Agrarindustrie setzt viel zu sorglos Antibiotika in den Ställen ein“, kritisierte der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann. So könne es passieren, dass Erkrankte wieder häufiger an „harmloseren Infektionen wie Harnwegsentzündungen sterben“.
Multiresistente Keime sind bekanntermaßen Bakterien, die nicht mit herkömmlichen Antibiotika oder anderen Medikamenten behandelt werden können. Antibiotika und Keime können wiederum von Pflanzen aufgenommen werden und geraten so in die Nahrungsmittelkette. Greenpeace forderte vor diesem Hintergrund Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) auf, den Einsatz von Antibiotika durch eine bessere Tierhaltung zu stoppen.
Der Grünen-Agrarexperte Friedrich Ostendorff forderte eine „echte Agrarwende mit artgerechter Tierhaltung“. Ein „Weiter so“ verschlechtere die Resistenzsituation „dramatisch“, erklärte er. Mit dem Thema müssten sich auch die Gesundheitsminister der G20-Gruppe bei ihrem am Freitag beginnenden Treffen befassen.
Das forderte auch die Organisation Germanwatch: Die Regierungen dieser Staaten müssten „energisch gegen die Ursachen für den wachsenden Antibiotikaeinsatz in Tierhaltungen“ vorgehen. So sollten etwa Reserveantibiotika in der Tierhaltung nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Das sind Wirkstoffe, die erst eingesetzt werden, wenn gängige Antibiotika nicht mehr wirken.
Die Greenpeace-Befunde decken sich mit den Ergebnissen des 1991 gestarteten niedersächsischen Boden-Dauerbeobachtungsprogramms. Dieses war zuletzt zu dem Ergebnis gekommen, dass Rückstände von Tierarzneimitteln wie Antibiotika zwar in Grundwasser und Boden nachweisbar sind und sich im Boden teils auch anreichern. Eine Gesundheitsgefahr war aber bisher nicht erkennbar. Vor allem nach dem Aufbringen von Schweinegülle ließen sich Bestandteile von Tierarzneimitteln in Grundwasser und Boden nachweisen, die Konzentration lag jedoch erheblich unter der Bedenklichkeitsgrenze.
Auf einen besseren Grundwasserschutz vor negativen Auswirkungen von Gülle zielte auch das kürzlich beschlossene neue Wassergesetz in Niedersachsen. Es sieht einen Schutzstreifen von einem bis fünf Metern an Gewässern vor, auf dem keine Gülle ausgebracht werden darf.
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