Medizin

Grippeimpfung: Adjuvanz macht bei Kindern ab zwei Jahren keinen Unterschied

  • Mittwoch, 11. Oktober 2017
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Die grundsätzliche Grippe-Schutzimpfung für Kinder wird international unterschiedlich gehandhabt. /stalnyk, stock.adobe.com

Riga – Eine Grippeimpfung mit Wirkverstärker MF59 kann Kinder zwischen sechs und 24 Monaten besser vor Influenzaviren schützen als der herkömmliche Impfstoff. Das zeigen die Ergebnisse einer Phase-III-Studie, die unter anderem Forscher der University of Tampere Medical School in Finnland bei einer internationalen Grippekonferenz in Riga vorgestellt haben. Forscher vom Robert Koch-Institut (RKI) enttäuscht der zeitlich eingeschränkte Vorteil des Adjuvanz.

An der Studie nahmen mehr als 10.000 Kindern im Alter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren teil. Davon bekam eine Hälfte einen herkömmlichen Impfstoff und die andere einen Impfstoff mit dem Adjuvans MF59 verabreicht. Für die Kleinkinder der Altersgruppe sechs bis 24 Monate zeigte das Vakzin mit Verstärker den Ergebnissen zufolge eine höhere Wirksamkeit. „Für ältere Kinder ergab sich kein zusätzlicher Vorteil“, sagte Timo Vesikari von der Universität Tampere über die von ihm gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Finnland, den USA, den Philippinen und des Impfstoff­herstellers Seqirus durchgeführten Studie.

Dabei zeigten beide Impfstoffe ein ähnliches Sicherheitsprofil. Die Phase-III-Studie wurde während der Grippesaison 2013/2014 und 2014/2015 in neun Ländern durchgeführt.

„Wir waren vom Ergebnis etwas enttäuscht: Der adjuvantierte Impfstoff zeigt gegen­über herkömmlichen Impfstoffen keinen Vorteil bei Kindern, die älter als zwei Jahre sind“, erläutert Gerhard Falkenhorst vom RKI, das im Auftrag der Bundesregierung insbesondere Infektionskrankheiten erforscht. Im Grunde treffe die Studie sogar nur für das Influenza A/H3N2-Virus eine belastbare Aussage. Andere Influenzaviren seien während der Studiendauer so selten aufgetreten, dass man nicht beurteilen könne, ob der neue Impfstoff auch bei ihnen Vorteile bietet.

Mit der kalten Jahreszeit beginnt wieder die Grippesaison. Zum Schutz vor einer Ansteckung wird eine Grippeimpfung standardmäßig für ältere Menschen und chronisch Kranke empfohlen. Doch auch für Kinder kann sie sinnvoll sein, betonte Vesikari. Kinder seien in besonderem Maße von der Grippe betroffen und zudem Hauptüberträger des Virus in der Gesellschaft. Mit der Grippeimpfung bei Kindern würden somit auch andere Personengruppen geschützt.

Grippe-Schutzimpfungen für Kinder sind international umstritten

Einige Länder wie Lettland und Vesikaris Heimatland Finnland empfehlen, Kleinkinder generell zu impfen. In Deutschland wird eine Impfung für Kinder und Jugendliche nur dann empfohlen, wenn sie erhöhte Risiken aufweisen – etwa aufgrund chronischer Krankheiten.

„Eine flächendeckende Grippe-Schutzimpfung von Kindern kann über den individuellen Schutz hinaus auch die Ansteckungsgefahr für Erwachsene reduzieren“, erklärt Falkenhorst. Dafür müssten aber weniger die bis Fünfjährigen, sondern vor allem Schulkinder geimpft werden, weil diese die Viren besonders stark verbreiteten.

Für gezielte Impfkampagnen, wie sie beispielsweise an britischen Schulen durch­geführt würden, seien Lebendimpfstoffe mit abgeschwächten Viren besonders vorteilhaft, erklärte der RKI-Experte. Man könne sie als Nasenspray verabreichen, während der neue adjuvantierte Impfstoff wie andere herkömmliche Impfstoffe gespritzt werden müsse. Allerdings gebe es bei den Lebendimpfstoffen zur Zeit noch offene Fragen zur Wirksamkeit gegen den besonders häufigen Virustyp A/H1N1, der zusammen mit A/H3N2 der häufigste Virustyp sei.

Einen hundertprozentigen Schutz vor Grippe gibt es nach Angaben von Vesikari ohnehin nicht. Auch sei eine Ausrottung der Viren nicht möglich. Dazu müsse man die gesamte Bevölkerung jedes Jahr schützen, was schlicht nicht möglich sei. Deshalb gebe es aus seiner Sicht keine bessere Alternative, als die Menschen jedes Jahr zu impfen.

Der saisonale Grippeimpfstoff setzt sich jeweils aus Bestandteilen der weltweit am stärksten zirkulierenden Influenza-Typen zusammen.

dpa/gie

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