Ärzteschaft

Gröhe wehrt sich gegen heftige Kritik der Ärzteschaft

  • Montag, 27. Oktober 2014
Uploaded: 27.10.2014 08:05:24 by mis
Hermann Gröhe /dpa

Berlin – Um mehr Gelassenheit und Sachlichkeit in den gesundheitspolitischen Debatten warb der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor den Delegierten der Hauptversammlung des Hartmannbundes in Berlin. „Das etwas ritualhafte Schwanken zwischen Alarmismus und Problemleugnung bringt uns nicht weiter. So erreichen wir die Patienten in diesem Land nicht“, sagte er. 

Angesichts der heftigen Kritik seitens der Ärzteschaft seit Bekanntwerden des Refe­rentenentwurfs des Versorgungsstärkungsgesetzes verteidigte Gröhe die geplanten Maßnahmen, vor allem die Neu-Regelung zum Aufkauf von Kassenarztsitzen durch Kassenärztliche Vereinigungen. „Mit der Sollregelung und Ausnahmen, beispielsweise für Familienangehörige, gehen wir mit Maß und Mitte vor. Denn die bisherige Kann-Be­stimmung hat nicht einmal kosmetisch gewirkt“, bilanzierte er.

Dagegen hat der Hartmannbund-Vorsitzende Klaus Reinhardt die Überführung der Kann- in die Sollregelung in seiner Rede als „reine Symbolpolitik“ bezeichnet. „Sie wird an den real existierenden Verhältnissen überhaupt nichts ändern“. Er zeigte sich überzeugt, dass die KVen auch zukünftig von diesem Instrument nur in sehr seltenen Fällen Gebrauch machen würden.

Terminservicestellen: Gröhe plädiert für die Umsetzung vor Ort
Auch beim Thema Wartezeiten sprach sich der Bundesgesundheitsminister für mehr Sachlichkeit aus. „Wartezeiten sind in Deutschland nicht das größte Problem, unter dem alle Patienten leiden, aber es ist auch nicht so klein, wie viele meinen“, stellte er klar. Sowohl bei der Neu-Regelung zum Praxisaufkauf als auch bei Terminservicestellen will Gröhe auf die Umsetzung vor Ort setzen und plädierte dafür, KVen dabei zu vertrauen. „Ich bin der Überzeugung, dass man vor Ort am besten weiß, wo die regionalen Besonderheiten liegen“, sagte er.

Gröhe bekannte sich außerdem ausdrücklich zur Freiberuflichkeit. „Die Freiberuflichkeit der niedergelassenen Ärzteschaft ist das Fundament der ambulanten Versorgung“, sagte er. Allerdings müsse er auch zur Kenntnis nehmen, dass viele Medizin-Absolventen in der ersten Berufsphase ein Anstellungsverhältnis und auch später unterschiedliche Formen gemeinschaftlicher Berufsausübung bevorzugen würden.

Gassen kritisiert massiven Eingriff des Gesetzgebers in die freiheitliche Berufsausübung
Aus Sicht des Hartmannbund-Vorsitzenden Klaus Reinhardt sei der Grundduktus des Versorgungsstärkungsgesetzes vielmehr „von einer sozialistischen Bevormundungs­kultur“ getragen. Auch Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), konnte „von der Bekenntnis zur Freiberuflichkeit aus dem Koalitionsvertrag im Referentenentwurf nichts mehr erkennen“. Stattdessen greife der Gesetzgeber massiv in die freiheitliche Berufsausübung sowie in die ärztliche Selbstverwaltung ein, verbunden mit bürokratischer Überregulierung, wie etwa beim Thema Wartezeiten.

Gröhe hofft auf Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an jeder Medizinfakultät
Die Förderung und Stärkung der Allgemeinmedizin ist ein weiteres zentrales Ziel des geplanten Gesetzes. Der Anfang soll bereits an den Universitäten gemacht werden. Gröhe bezeichnete es als erfreulich, dass in den vergangenen 15 Jahren die Zahl der Lehrstühle für Allgemeinmedizin deutlich zugenommen habe. „Allerdings wünsche ich mir, dass es in fünf Jahren normal ist, dass jede medizinische Fakultät in Deutschland einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin hat“, sagte er.

Die Bestimmungen zur Stärkung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin stießen auf eine weitgehende Zustimmung der Ärzteschaft. „Die Weiterbildung wird besser als in der Vergangenheit geregelt“, sagte Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Mont­gomery. Allerdings würden dabei entscheidende Aspekte, wie die Finanzierung, nicht zufriedenstellend geregelt. Reinhardt bezeichnete den Umstand, dass die Weiter­bildungsförderung nach wie vor hälftig aus dem Gesamthonorarvolumen der Vertrags­ärzte aufgebracht werden muss, als „systematischen Unsinn“.

ank

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