Gruppennützige Arzneimittelforschung: Hinweise zur neuen Rechtslage veröffentlicht

Berlin – Voraussichtlich ab dem Jahr 2020 – mit Geltungsbeginn der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln – wird „gruppennützige“ Arzneimittelforschung auch in Deutschland mit nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen erlaubt sein, sofern diese vorher schriftlich ihr Einverständnis erklärt haben.
Wie sich die neue Regelung auf den ärztlichen Alltag auswirkt, ist für viele Ärztinnen und Ärzte noch unklar. Um die bestehenden Unsicherheiten auszuräumen, legte die Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer (ZEKO) nun eine Stellungnahme vor, die im Deutschen Ärzteblatt (DÄ), Heft 10, publiziert ist.
Grundsätzlich befürwortet die ZEKO darin die Einbeziehung von nichteinwilligungsfähigen Versuchsteilnehmern in gruppennützige Forschungsvorhaben – sofern die Schutzanforderungen berücksichtigt werden. Gleichzeitig bemängelt das interdisziplinär zusammengesetzte Gremium jedoch, dass die Abgrenzung zur eigennützigen Forschung im Gesetz nicht eindeutig definiert ist.
Aus ihrer Sicht ist eine Forschung dann gruppennützig, wenn sie keine oder nur geringfügig eigennützige Komponenten für die einbezogenen Versuchspersonen aufweist. „Die Gruppe, auf die sich ,gruppennützig‘ bezieht, sollte als die Gruppe mit derselben Krankheit oder demselben klinischen Zustand wie der Proband verstanden werden“, erläuterte Jochen Taupitz, Vorsitzender der ZEKO, dem DÄ.
Die Stellungnahme zeigt gleichzeitig auch auf, dass auch einige Fragen der praktischen Umsetzung noch ungeklärt sind. So bemängelt die ZEKO, dass die Anforderungen zum Schutz der Probanden unzureichend definiert sind. Nach ihrer Auffassung sollte in Anlehnung an die aktuelle Fassung des Arzneimittelgesetzes das Risiko einer Intervention dann als „minimal“ angesehen werden, wenn „nach Art und Umfang (…) zu erwarten ist, dass sie allenfalls zu einer sehr geringfügigen und vorübergehenden Beeinträchtigung der Gesundheit der betroffenen Person führen wird“.
Zudem dürften angesichts dieser bereits hohen Schutzanforderungen die Vorgaben für eine Probandenverfügung nicht zu komplex sein, meint die ZEKO. „Nach der künftigen Rechtslage kommt der Aufklärung potenzieller Studienteilnehmer besondere Bedeutung und den Ärzten eine besondere Verantwortung zu“, sagte Taupitz dem DÄ.
„Die potenziellen Studienteilnehmer sind so aufzuklären, dass sie einen geeigneten Informationshintergrund gewinnen, um über Beteiligung, Nichtbeteiligung oder eingeschränkte Beteiligung entscheiden und dies dokumentieren zu können.“ Ärzte müssten deutlich darauf hinweisen, dass es um eine mögliche Studienteilnahme geht, bei der kein individueller Nutzen – auch nicht potenziell – zu erwarten ist, stellte der Jurist klar.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: