Politik

Hausärzte fühlen sich in ihrer Kompetenz bedroht

  • Donnerstag, 14. September 2017
Ulrich Weigeldt /DHÄV
Ulrich Weigeldt /Axentis

Berlin – Der Deutsche Hausärzteverband (DHÄV) sieht sich und die ärztlichen Kompetenzen seiner Mitglieder zunehmend infrage gestellt. Daher fordert der Verband in einem auf der Delegiertenversammlung heute in Berlin einstimmig verabschiedeten Leitantrag von der ärztlichen Selbstverwaltung, dass „eine qualitativ hochwertige Primärversorgung ausschließlich von hierfür weitergebildeten Hausärztinnen und Hausärzten sichergestellt werden kann.“ Und weiter: „Der Deutsche Hausärzteverband fordert die Akteure in der Selbstverwaltung, die Politik den Gesetzgeber sowie die Kostenträger auf, die Versuche, weitere Einschränkung der hausärztlichen Kompetenzen zu stoppen.“

Speziell kritisiert der Verband die aktuellen Überlegungen zu Gebietsfachärzten, grundversorgenden Fachärzten sowie den Physician Assistants. Bei den neuen Assistenzberufen befürchtet der Vorsitzende des Verbandes, Ulrich Weigeldt, dass sie nicht nur, wie bislang geplant, in der stationären Versorgung eingesetzt werden, sondern man „am Ende dann doch wieder schnell das breite Feld der ambulanten und dort vor allem die hausärztliche Versorgung für sich entdecken wird.“ Er hinterfragte generell den Nutzen der neuen Berufe für die Versorgung. Für die hausärztliche Versorgung habe sein Verband mit den weitergebildeten Medizinischen Fachangestellten, kurz VERAH, bereits 10.000 gut ausgebildete Assistentinnen deutschlandweit.

Die Diskussionen der vergangenen Tage, vor allem nach Äußerungen des Berufsverbandes der Internisten (BDI) und des NAV-Virchow-Bundes, sieht Weigeldt als ein „vergiftetes Hilfsangebot“. „Wenn jetzt Hausärzte entlastet werden müssen und die fachärztliche Versorgungsebene hausärztliche Tätigkeiten mit übernehmen könnte, muss man sich sehr genau anschauen, was das in der Praxisrealität bedeuten würde“, sagte Weigeldt. „Ohne uns Hausärzte würden die Kosten explodieren und die Qualität der Versorgung in den Keller rauschen“, zeigte er sich überzeugt. Denn: „Hausärztliche Medizin arbeitet integrativ, wir sehen den ganzen Menschen und nicht nur ein Auge, ein Fuß oder ein Organ.“

Sprechzeiten sollen nicht erweitert werden

Scharfe Kritik äußerte Weigeldt in seiner Rede vor den Delegierten auch an den kürzlich Vorgestellten Ideen des Sachverständigenrates zur Zukunft der ambulanten Notfallversorgung. Die Idee, Hausärzte könnten in den künftigen Ambulanzen nach Ende der Sprechzeiten arbeiten und an der Triage beteiligt sein, nannte er eine „Frechheit“.

„Der Schluss, dass Hausärzte bitte samstags, sonntags sowie an den Abenden länger arbeiten sollen, um die Notfallambulanzen zu entlasten, ist eine Ohrfeige für alle Hausärztinnen und Hausärzte in Deutschland.“ Er kündigte an, dass der Hausärzteverband nach Beratungen mit den einzelnen Landesverbänden ein eigenes Konzept vorlegen werde. „Man kann die Notfallversorgung nicht zentral organisieren, da braucht es regional unterschiedliche Vorschläge.“

Kein gutes Wort für Entwicklungen im Gesundheitswesen

Auch bei den Themen Digitalisierung, Weiterbildung zum Allgemeinmediziner sowie der neuen Regelungen zur Palliativversorgung fand Weigeldt kein gutes Wort für die aktuellen Entwicklungen. So diskutierten die Delegierten ausführlich zu den künftigen palliativmedizinischen Betreuungsleistungen, die nach einer Vereinbarung zwischen GKV-Spitzenverband und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) unter einem Qualifikationsvorbehalt gestellt werden sollen.

Sie forderten auch das Bundesministerium für Gesundheit dazu auf, bei den Verhandlungen einzuschreiten und die festgelegten Inhalte und Honorare „auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen“ und möglicherweise auch zu beanstanden. Denn: „Die notwendigen Qualifikationsanforderungen sind in der Weiterbildungsordnung Allgemeinmedizin enthalten und in einer regelmäßigen hausärztlichen palliativmedizinischen Betreuung erfüllt“, heißt es in einem einstimmig verabschiedeten Antrag.

Der Hausärztechef forderte alle Beteiligten im Gesundheitswesen auf, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, „um den dringend benötigten Nachwuchs für diesen schönen und wichtigen Beruf zu gewinnen.“ Dabei forderte er auch von der Gesundheitspolitik Konzepte, etwas gegen den nahenden Mangel an Hausärzten zu tun.

bee

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