Heilpraktikerausbildung: Deutsche Hochschulmedizin sieht Reformbedarf
Berlin – Die vom Münsteraner Expertenkreis vorgelegten Reformvorschläge für die Heilpraktikerausbildung werden derzeit in Deutschland heftig diskutiert. Nun schaltet sich auch die Deutsche Hochschulmedizin in die Debatte ein. Zudem bringen sich immer mehr Landesärztekammern und Landespsychotherapeutenkammern in die Debatte ein.
„Die angestoßene Diskussion ist wichtig. Den Vorschlag, nur auf der Basis eines erlernten therapeutischen Berufs eine Zusatzqualifikation zum Fach-Heilpraktiker zu erlauben, halten wir für sinnvoll“, erklärte Heyo K. Kroemer, Präsident des Medizinischen Fakultätentages (MFT). Damit ließe sich eine ausreichende Patientensicherheit gewährleisten.
Komplementärmedizinische Ansätze könnten zwar eine wertvolle Ergänzung zu schulmedizinischen Verfahren sein, schreibt der MFT. Dafür bedürfe es aber „mehr wissenschaftlicher Evidenz als bislang“. Die hohen, seit langem etablierten Standards der medizinischen Ausbildung müssen in ähnlicher Weise auch für die Ausbildung der Heilpraktiker greifen, fordert der MFT.
Kritischere Auseinandersetzung gefordert
Der Deutschen Hochschulmedizin zufolge fehlt insbesondere bei der Anwendung alternativmedizinischer Verfahren „viel zu oft eine kritische Auseinandersetzung, auch in Teilen der Ärzteschaft“. Die Empfehlungen des Expertenkreises, für das Medizinstudium die wissenschaftsorientierte Medizin und die Kommunikationskompetenzen weiter zu stärken, gingen in die richtige Richtung.
Der MFT wies darauf hin, dass er das Thema bereits aktiv aufgegriffen hat. So sei 2015 der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) verabschiedet worden, der seitdem Eingang in die Lehrpläne finde und auch kommunikative Aspekte berücksichtige. 2017 habe der MFT außerdem ein Positionspapier zur Vermittlung der Wissenschaftskompetenz im Medizinstudium veröffentlicht.
In die Debatte eingeschaltet haben sich heute auch Landesärztekammer und Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz. Sie betonten, über Kompetenzen und Umfang der Erlaubnis von Heilpraktikern zur Ausübung der Heilkunde müsse innerhalb des Gesundheitswesens und der Gesundheitspolitik dringend kritisch diskutiert werden.
„Wir sind der Meinung, dass das Heilpraktikergesetz aus dem Jahre 1939 nicht mehr zeitgemäß ist und im Sinne der Patientensicherheit dringend kritisch hinterfragt werden muss“, sind sich Günther Matheis, Präsidenten der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, und Peter Brettle, Präsident der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz, einig. Angesichts der weitreichenden Befugnisse eines Heilpraktikers, die Heilkunde am Menschen ausüben zu dürfen, sei eine Prüfung beim Gesundheitsamt, in der geschaut wird, ob von der Person Gefahren für die Volksgesundheit ausgehen, vollkommen unzureichend. Beide warnen davor, die Möglichkeiten von Heilpraktikern zu überschätzen.
Sie weisen darauf hin, dass Heilpraktiker auch nicht der sogenannten ärztlichen Pflichtenbindung unterliegen. Bei Ärzten und Psychotherapeuten hätten Patienten bei der Behandlung einen rechtlich verbürgten Anspruch darauf, dass die Aufklärungs-, Sorgfalts-, Verschwiegenheits- und Haftungsvorschriften beachtet werden, führten beide aus. Dies sei bei Heilpraktikern nicht der Fall.
„Heilpraktiker sind keine Pseudo-Ärzte für alternative Medizin“, warnt der Ärztekammerpräsident. Ärzte, die sich naturheilkundlich erfolgreich weitergebildet hätten, besäßen die Zusatz-Weiterbildung „Naturheilverfahren“. Peter Brettle, Präsident der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz sprach sich insbesondere für die Abschaffung der beschränkten Heilpraktikererlaubnis im Bereich der Psychotherapie aus. Beide Präsidenten warnten heute davor, dass Patienten die Kompetenzen von Heilpraktikern überschätzen und damit eine notwendige wissenschaftlich fundierte Behandlung ausbleibt.
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