Herzversagen und Lungenkrebs durch Luftverschmutzung

Kopenhagen/Edinburgh – Schadstoffe, die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe in die Luft gelangen, können Lungenkrebs auslösen. Ein erhöhtes Risiko war in einer Meta-Analyse in Lancet Oncology (2013; doi: 10.1016/S1470-2045(13)70279-1) auch in europäischen Regionen und unterhalb der geltenden Grenzwerte nachweisbar. Eine weitere Studie im Lancet (2013; doi: 10.1016/S0140-6736(13)60898-3) bringt die industrielle Luftverschmutzung auch mit einer erhöhten Rate von Hospitalisierungen und Todesfällen aufgrund von Herzinsuffizienzen in Verbindung.
Eine extreme Variante der Luftverschmutzung ist das Rauchen. Mit jeder Inhalation gelangen abertausende Verbrennungsprodukte in die Atemwege. Aktives Rauchen ist nach derzeitigem Kenntnisstand mit einem zigfach erhöhten Lungenkrebsrisiko verbunden. Ein Fachbuch (Cancer epidemiology and prevention. Oxford University Press 2006: 217–42) gibt die relativen Risiken bei Männern mit 23,3-fach und bei Frauen mit 12,7-fach an.
Doch auch ohne den Zigarettenrauch sind zahlreiche Schadstoffe aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe in der Luft enthalten, wenn auch in sehr viel geringerer Konzentration. Als gesundheitsgefährdend werden Rußpartikel eingestuft, die als Feinstaub (PM) eingeatmet werden.
Ole Raaschou-Nielsen von der Dänischen Krebsgesellschaft in Kopenhagen errechnet in seiner Meta-Analyse eine Hazard Ratio von 1,18 für jeden Anstieg der Feinstaubkonzentration (PM10) um 10 µg/m3 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,03-1,45). Für den Feinststaub (PM2,5) ermittelt er eine tendenzielle Hazard Ratio von 1,18 (0,96-1,46) pro Anstieg um 5 µg/m3, wobei das Risiko vor allem die Adenokarzinome in der Lunge betrifft (Hazard Ratio 1,51 beziehungsweise 1,55 für die genannten Fein- und Feinststaubanstiege).
Die Zahlen sind das Ergebnis einer Auswertung von 17 Kohortenstudien mit insgesamt 313.000 Personen, die in verschiedenen europäischen Regionen (Großstädte wie Athen, Rom Stockholm, aber auch ländliche Gegenden wie Baskenland und Vorarlberg) durchgeführt wurden. Laut Raaschou-Nielsen ist die Beziehung zwischen Luftverschmutzung und Lungenkrebs linear, ein sicherer Grenzwert sei nicht erkennbar.
Auch Umweltbelastungen unter den geltenden europäischen Grenzwerten für PM10 (40 µg/m3) und PM2,5 (25 µg/m3) wären demnach in der Lage, Lungenkrebs auszulösen. Je sauberer die Luft, desto besser für die Gesundheit, lautet das Fazit der Epidemiologen, die übrigens keine Assoziation mit der Stickoxidkonzentration oder der Verkehrsdichte entdecken konnten.
Feinststaub und andere Luftschadstoffe gelangen über die Alveolen auch ins Blut. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass Feinstaub Herzinfarkte triggern kann. Nicholas Mills von der Universität Edinburgh und Mitarbeiter kommt jetzt zu dem Ergebnis, dass auch das Risiko auf eine Exazerbation einer Herzinsuffizienz mit zunehmender Exposition steigt und dies sowohl als akutes Ereignis nach einer zeitlichen Verschlechterung der Luftqualität, als auch infolge einer langfristig erhöhten Schadstoffbelastung.
Die von der British Heart Foundation in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass Menschen in Regionen mit einer schlechten Luftqualität häufiger wegen einer Herzinsuffizienz hospitalisiert werden oder daran sterben. Nach der Meta-Analyse, die die Ergebnisse von 35 Studien zusammenfasst, steigt das Hospitalisierungs- und Sterberisiko um 3,52 Prozent pro ppm (parts per million) Kohlenmonoxid in der Luft, um 2,36 Prozent pro 10 ppb (parts per billion) Schwefeldioxid und um 1,70 Prozent pro 10 ppb Stickstoffdioxid. Eine Assoziation wurde auch mit Fein- und Feinststaub gefunden, nicht aber zur Ozonkonzentration.
Für den einzelnen Menschen ist das Risiko, durch Luftschadstoffe zu schaden zu kommen, sicherlich gering (anders als der Tabakrauch, der für jeden zweiten Tod von aktiven Rauchern beteiligt sein soll). Auf die Bevölkerung bezogen, gehen die durch die Luftschadstoffe verursachten Erkrankungen jedoch in die Tausende. Mills schätzt für die USA, dass eine Reduktion der PM2,5-Konzentration um 3,9 µg/m3 jedes Jahr 7978 Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz verhindern und Kosten in Höhe von 307 Millionen US-Dollar einsparen würde.
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