Kohlekraftwerke haben erhebliche Folgen für die Gesundheit

Berlin – Durch gesundheitliche Schäden als Folge des Betriebs von deutschen Kohlekraftwerken entstehen allein in Deutschland Kosten in Milliardenhöhe. Sie liegen je nach herangezogenen Definitionen, zum Beispiel von Sterblichkeit, zwischen 2,3 und 6,4 Milliarden Euro jährlich. Europaweit belaufen sich die durch solche Kraftwerke verursachten Gesundheitskosten infolge der Schadstoffemissionen auf 15,5 bis knapp 43 Milliarden Euro.
Das geht aus einer Studie der Organisation „Health & Environment Alliance“ (HEAL) hervor, die diese heute in Berlin vorstellte. Damit warnen nach der Umweltorganisation Greenpeace im März zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit Ärzte und andere Gesundheitsexperten vor den Folgekosten des Schadstoffaussstoßes vor allem von Schwefeldioxid, Stickoxiden und Feinstaub.
Die größten Ausgabeposten entstünden durch vorzeitige Todesfälle, zusätzliche Fälle von chronischer Bronchitis und Tage mit eingeschränkter Aktivität, heißt es in der Studie. Ihre Autoren haben errechnet, dass allein in Deutschland rund 2.700 Todesfälle mehr sowie 600.000 verlorene Arbeitstage die Folge der Verfeuerung von Kohle sind. „Kohlekraftwerke verursachen natürlich nur einen Teil der derzeitigen Luftverschmutzung“, heißt es einschränkend in dem Bericht. Dennoch setze jedes einzelne große Mengen an gefährlichen Schadstoffen frei.
„Diese ökonomische Analyse enthüllt die externen Kosten, die bei energiepolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden sollten“, betonte Anne Stauffer, stellvertretende Geschäftsführerin von HEAL. HEAL ist ein Zusammenschluss von sogenannten Nicht-Regierungsorganisationen, der sich auf europäischer Ebene mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltverschmutzung befasst.
In der 48 Seiten umfassenden Studie wird auch Birgit Beger zitiert, Generalsekretärin des Ständigen Ausschusses Europäischer Ärzte (CPME). „Die europäischen Ärzte wissen, dass Luftverschmutzung ein großes Risiko für die Gesundheit ist, und der Ständige Ausschuss Europäischer Ärzte interessiert sich seit langem für dieses Thema“, so Beger. „Die Ärzteschaft engagiert sich dafür, die Öffentlichkeit und die Entscheidungsträger über neue evidenzbasierte Erkenntnisse zu informieren, und nutzt ihren Einfluss, um politische Veränderungen zu bewirken.“
„Der HEAL-Bericht stellt klar, dass neben den Emissionen des Straßenverkehrs die Kohlekraftwerke maßgeblich an der Luftverschmutzung beteiligt sind“, erläuterte Joachim Heinrich, Institutsleiter am Helmholtz-Zentrum für Umwelt und Gesundheit München. „Neu ist, dass die bereits ermittelten Gesundheitskosten der Luftverschmutzung speziell auf Kohlekraftwerkemissionen herunter gebrochen werden.
Emissionen aus Kohlekraftwerken tragen, darauf macht die Studie von HEAL auch aufmerksam, zudem zweifach zu Gesundheitsbelastungen bei: Zum einen wirken sich die emittierten Stoffe direkt auf den Organismus aus, zum anderen tragen sie zum Klimawandel bei, der wiederum Folgen für die menschliche Gesundheit hat. Margaret Chan, Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), habe den Klimawandel als größte Herausforderung für die öffentliche Gesundheit bezeichnet, hieß es bei der Pressekonferenz. Kohle sei der Energieträger mit den höchsten Kohlendioxid-Emissionen und verursache innerhalb der Europäischen Union rund ein Fünftel aller Treibhausgase.
Bettina Menne vom Europäischen Zentrum für Umwelt und Gesundheit der WHO erläuterte, es werde immer wichtiger, „dass Gesundheitsziele in den Mittelpunkt der globalen Energiepolitik kommen“. Studien wie die von HEAL könnten Anlass geben, weitere Analysen vorzunehmen sowie vorliegende Studienergebnisse zusammenzutragen.
Stauffer als Repräsentantin von HEAL verlangte als Konsequenz aus den jüngsten Studien einen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Dieser sei bis 2040 möglich. Heinrich gab zu bedenken, dass diese Forderung leicht zu stellen sei. Er vermisse aber ein Gesamtkonzept, sagte der Wissenschaftler. Nach dem Reaktorunfall in Fukushima sei in Deutschland zwar der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen worden. Ein umfassendes energiepolitisches Zukunftskonzept sei damit aber nicht verbunden worden.
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