Ärzteschaft

Hessen: Landesärztekammer für Zukunftssicherung von Uniklinikum

  • Montag, 28. November 2022
/picture alliance, Sebastian Gollnow
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Gießen/Marburg – Die Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) hat die Rhön-Klini­kum AG und die Landesregierung Hessen dazu aufgerufen, die Zukunft der universitären medizinischen Ver­sorgung, sowie die Forschung und Lehre am Standort Gießen und Marburg (UKGM) zu sichern.

Dieser Konflikt dürfe nicht zu Lasten der Patienten, Ärzteschaft, Medizinstudierenden sowie allen weiteren Mit­arbeitern und Ausbildungsberufen, die am UKGM arbeiten, ausgetragen werden, betonte die Ärztekammer. Aus Sicht der Delegierten ist die Notwendigkeit der universitären Versorgung am Standort Gießen und Mar­burg unumstritten.

Wörtlich heißt es in dem Beschluss: „Insbesondere die beim Land Hessen angestellten Ärztinnen und Ärzte ermöglichen dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg (und somit auch dem privatwirtschaftlichen Konzern Asklepios/ Rhön) eine hohe Expertise im Bereich der klinischen Versorgung sowie in Forschung und Lehre.“ In Zeiten von Fachkräftemangel auf allen Ebenen mahne man an, dass es „sowohl aus privatwirtschaft­licher Sicht als auch im Interesse des Landes Hessen sein muss, sich schnellstmöglich gütlich zu einigen“.

Rund einen Monat vor dem Auslaufen von grundsätzlichen Vereinbarungen zur Zukunft des privatisierten Uni-Klinikums Gießen und Marburg wächst bei Beschäftigten die Sorge um Jobs und Arbeitsbedingungen. Sie waren in der vergangenen Woche erneut in den Warnstreik getreten, um Druck zu machen, dass sich das Land und die Rhön-Klinikum AG in der Hängepartie um die künftige Entwicklung des Krankenhauses einigen. An­dernfalls werden Kündigungen und die Auslagerung von Betriebsteilen befürchtet.

Im Ringen zwischen Hessen und der zum Asklepios-Konzern gehörenden UKGM-Mehrheitseignerin Rhön-Kli­nikum AG geht es darum, eine Einigung über eine neue Vereinbarung für das Krankenhaus zu erzielen. Diese soll an ein sogenanntes Zukunftspapier aus dem Jahr 2017 für die Weiterentwicklung des Krankenhauses an­knüpfen. Beide Vertragspartner hatten die Möglichkeit, das Papier bis Ende Juni zu kündigen – was Rhön auch tat.

Grundlage für die neue Vereinbarung soll eine Anfang des Jahres getroffene gemeinsame Absichtserklärung von Land und Rhön sein. Inhalt dieser Erklärung ist unter anderem: Hessen fördert binnen zehn Jahren Inves­titionen ins Klinikum mit bis zu knapp einer halben Milliarde Euro, im Gegenzug soll in der Zeit auf betriebs­bedingte Kündigungen und die Ausgliederung von Betriebsteilen verzichtet werden.

„Das Land hat weiterhin großes Interesse am Abschluss der Anschlussvereinbarung“, hieß es dazu aus dem Wissenschaftsministerium. Eine Einigung bis Jahresende sei anzustreben, da bei den Beschäftigten und auf wissenschaftlicher Seite seit der Kündigung durch Rhön „erhebliche Unruhe besteht“.

Wenn die in der Absichtserklärung anvisierte neue Vereinbarung nicht zustande käme, würde der Konzern auf die Landesmittel von knapp einer halben Milliarde Euro verzichten, so das Ministerium weiter. „Mittel, die das Land zur Verfügung stellen will, ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein.“ Hinzu kämen weitere „erhebliche negative finanzielle Folgewirkungen“ für Rhön und das Krankenhaus.

Die Rhön-Klinikum AG teilte gestern mit, dass die Gespräche mit dem Land wieder aufgenommen worden seien. Die Verhandlungen „mit dem Ziel einer Einigung“ würden in den nächsten Tagen fortgesetzt.

„Die Privatisierung ist komplett vor die Wand gefahren. Alle wissen es“, sagte dazu Marburgs Oberbürger­meis­ter Thomas Spies (SPD). Die Stadt Marburg würde mehrere Millionen Euro in ein zum Land zurückgekehrtes UKGM stecken, so der Vorschlag. „Sollte das Land neu nachdenken, sich auf den Weg begeben und ein Rück­kaufangebot machen, dann würden wir dem Land helfen wollen, indem wir 75 bis 100 Millionen Euro als Anlage der Stadt zur Verfügung stellen.“

Es handele sich um ein realistisches Hilfsangebot, betonte Spies. Die Stadt müsse im Moment sehr viel Geld anlegen. Zu den Unternehmen vor Ort gehört der Corona-Impfstoffhersteller Biontech, der in Marburg ein Werk hat – die Steuereinnahmen der Stadt profitieren davon kräftig.

Ein Sprecher des hessischen Wissenschaftsministeriums sagte dazu: „Es gibt kein Angebot von Rhön zum Ver­kauf des UKGM zum Marktwert an das Land. Weitere Angaben hierzu können zum Schutz der Verhand­lungen aktuell nicht gemacht werden.“ Man habe sich als Landesregierung „von Beginn an auf verschiedene Szena­rien vorbereitet“.

dpa/aha

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