850 Millionen für Uniklinikum Gießen und Marburg in zehn Jahren

Marburg – Das Land Hessen und der private Eigentümer investieren in den nächsten zehn Jahren 850 Millionen Euro in das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM).
Nach zwei Jahren zäher Verhandlungen und vielen Jahren der Unsicherheit seit der Privatisierung schaffe das „Zukunftspapier Plus“ nun Rechtssicherheit für die dringend nötigen Investitionen an den beiden Standorten, erklärten die Vertragspartner heute in Marburg. Entsprechende Verträge wurden gestern unterschrieben.
Vertragspartner sind das Land Hessen, die Rhön Klinikum AG und die Asklepios Kliniken als private Mehrheitseigner, das Universitätsklinikum Gießen und Marburg sowie die beiden Universitäten. Zwei Drittel der Investitionssumme übernimmt das Land, ein Drittel das Unternehmen.
2023 gibt das Land 48,15 Millionen Euro für medizinisches Gerät und Baumaßnahmen, vom Unternehmen kommen 23,5 Millionen Euro. Diese Beträge werden in festgelegten Stufen jährlich gesteigert. In zehn Jahren soll sich das auf 850 Millionen Euro summiert haben. In einer vorherigen Vereinbarung waren 800 Millionen Euro in Aussicht gestellt worden – die 50 Millionen mehr gleichen die Preissteigerung im Bausektor aus.
Betriebsbedingte Kündigungen sind im „Zukunftspapier Plus“ ebenso ausgeschlossen wie die Ausgliederung von Betriebsteilen. Die Vereinbarung biete „zehn Jahre Ruhe und echte Perspektiven“, sagte Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne). Die Einigung sichere „optimale Krankenversorgung und exzellente Wissenschaft“ in Mittelhessen, sagte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg (CDU).
Das „komplexe Vertragswerk“, so Dorn, regelt zahlreiche Details und Eventualitäten. Ein „Thesaurierungsgebot“ verpflichtet den privaten Träger, dass alle Gewinne aus dem UKGM im UKGM verbleiben und dort reinvestiert werden müssen. Wenn die erwirtschafteten Gewinne nicht ausreichen, muss Rhön aus Eigenmitteln Geld zuschießen.
Eine „Change-of-Control“-Klausel sichert dem Land Hessen im Fall eines Eigentümerwechsels von mehr als 50 Prozent der Anteile ein Rückkaufsrecht zu. Eine „Trennungsrechnung“ dividiert auseinander, was Forschung und was Lehre ist – denn die Kosten werden aus verschiedenen Töpfen bezahlt.
Auch Werner Seeger, der Ärztliche Direktor des UKGM – ein entschiedener Kritiker der Privatisierung – zeigte sich erleichtert: „Das ist ein emotionaler Moment“, gestand er. Seit der Privatisierung 2006 habe man gewusst: „Das kann auf die Dauer nicht gut gehen.“ Mit der nun unterzeichneten Vereinbarung komme das UKGM endlich „aus dieser Zwangslage heraus“. Die Bedingungen seien nun „fundamental besser“ als seit der Privatisierung 2006.
Ganz oben auf der Prioritätenliste stehen nun die Investitionen, die schon 2017 vereinbart worden waren: die Erweiterung der Chirurgie und der Kinderklinik in Gießen sowie die Sanierung der Erwachsenenpsychiatrie und der zentralen OP-Räume in Marburg.
Neu vereinbart wurde eine lange Liste weiterer Investitionsprojekte „mit erster Priorität“. Darin enthalten sind zum Beispiel die Zahnklinik und die Frauenklinik in Gießen und eine neue Infektionsstation in Gießen. In Marburg stehen Modernisierungen des Klinikums auf den Lahnbergen, des Psychiatriecampus Ortenberg und die Zahnklinik auf dieser Liste. Dazu kommen standortübergreifende Funktionsbauten wie ein Zentrallabor, eine Apotheke, ein Rechenzentrum und eine Zentralsterilisation.
Christian Schwark, Vorsitzender des Marburger Bundes Hessen, mahnte an, „nicht auf halber Strecke stehen bleiben“. Er plädierte für eine nun folgende Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte am UKGM. Denn gerade sie bildeten das Rückgrat bei der Patientenversorgung, der Ausbildung der Medizinstudierenden und bei der medizinischen Forschung.
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