Medizin

Hörtraining und Verhaltenstherapie machen Tinnitus erträglicher

  • Freitag, 25. Mai 2012
Uploaded: 25.05.2012 16:38:45 by mis
dapd

Maastricht – Mediziner aus den Niederlanden haben eine multidisziplinäre Behandlung von Ohrgeräuschen entwickelt, die die Tinnitus-Retraining-Therapie mit der kognitiven Verhaltenstherapie schrittweise kombiniert. In einer randomisierten Studie im Lancet (2012; 379: 1951-1959) wurden deutlich bessere Ergebnisse erzielt als mit einer Standardtherapie.

Der neue Therapieansatz kombiniert die beiden wesentlichen Therapieansätze: Bei der Tinnitus-Retraining-Therapie soll der Patient anhand von neutralen Geräusche aus einem „Noiser“ lernen, die Ohrgeräusche auszublenden.

Die kognitive Verhaltenstherapie verfolgt auf einer psychologischen Ebene das gleiche Ziel. Ein Team von Wissenschaftlern aus den Niederlanden und England hat daraus ein Therapieprogramm entwickelt, das die Behandlung auf die Bedürfnisse der einzelnen Patienten ausrichtet.

Es wurde an einer Spezialklinik, dem Adelante Department of Audiology and Communication in Hoensbroek in den Niederlanden, getestet. Dort kümmern sich Audiologen, Psychologen, Sprachtherapeuten, Bewegungstherapeuten und Sozialarbeiter um die einzelnen Patienten.

In einer randomisierten Studie wurde die neue Therapie mit der bisherigen Standardbehandlung an 492 Patienten verglichen. Weder die Patienten noch die Forscher, die Ergebnisse später auswerteten, erfuhren, welcher Therapie die Patienten zugeteilt wurden. Der Erfolg wurde mit drei Fragebögen zur Lebensqualität und zum Tinnitus gemessen.

Wie Rilana Cima von der Universität Maastricht und Mitarbeiter berichten, hatten sich die Ergebnisse in allen drei Fragebögen 12 Monate nach der Therapie gebessert: Die Patienten schätzten ihre Lebensqualität im „health utilities index score“ höher ein (Effektstärke 0,24). Die Stärke des Tinnitus hatte im „tinnitus questionnaire score“ abgenommen (Effektstärke 0,43) und die Beeinträchtigungen wurden im „tinnitus handicap inventory score“ als geringer eingestuft (Effektstärke 0,45). Die Effektstärke wird gewöhnlich in drei Kategorien eingeteilt: 0,2 gilt als geringe, 0,5 als mittelstarke und 0,8 als eine gute Wirkung.

Angesichts dieser Zahlen spricht Berthold Langguth, der an der Universität Regensburg ein Tinnituszentrum leitet, in einem Kommentar vom „Ende des therapeutischen Nihilismus“, der angesichts der schlechten Therapieergebnisse bisher vorherrschend war.

Die Studie belege, dass ein multidisziplinärer Ansatz die Therapieergebnisse verbessern könne. Langguth erinnert aber auch daran, dass die derzeitigen Therapien nur darauf zielen, den Tinnitus für den Patienten erträglicher zu machen. Die Patienten würden sich aber wünschen, dass die Ärzte ihn beseitigen.

rme

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