Hohe Bleibelastung in der Kindheit mindert IQ und späteren sozioökonomischen Status

Durham – Die hohe Bleibelastung, die bis in die 1980er-Jahre durch Autoabgase bedingt war, hat in einer Kohortenstudie aus Neuseeland die kognitive Entwicklung der Kinder gestört und sich laut der Studie im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2017; 317: 1244–1251) auch negativ auf die spätere Berufskarriere ausgewirkt.
Dem Benzin wurde viele Jahrzehnte Tetraethylblei als Antiklopfmittel zugefügt. Man tankte „verbleit“, um die Lebensdauer des Automotors zu erhöhen. Erst langsam wurde klar, dass das Blei die Umwelt schädigte. Über die Atemluft gelangte es auch in den menschlichen Körper. Als Neurotoxin schädigt es die Entwicklung des Gehirns im Kindesalter.
Die Auswirkungen zeigen sich in der Dunedin Multidisciplinary Health and Development Study. Die Studie begleitet seit 1972/3 eine Kohorte von über 1.000 Kindern, die regelmäßig gesundheitlich untersucht werden. Im Alter von elf Jahren wurde 565 Teilnehmern eine Blutprobe entnommen und auf Blei getestet.
Aaron Reuben und Mitarbeiter von der Duke Universität in Durham/North Carolina haben die damalige Bleiexposition mit den letzten IQ-Tests verglichen, die 2012 im Alter der Teilnehmer von 38 Jahren durchgeführt wurden. Obwohl die Bleibelastung mehr als 25 Jahre zurücklag, waren die Auswirkungen noch immer nachweisbar.
Teilnehmer, deren Blutbleikonzentration im Alter von elf Jahren den damaligen Grenzwert von 10 µg/dl überschritten hatte, wiesen im Alter von 38 Jahren einen im Durchschnitt um 4,25 Punkte niedrigeren Intelligenzquotienten auf als Kinder ohne Bleibelastung. Die Assoziation war dosisabhängig: Pro 5 µg/dl sank der IQ um 1,5 Punkte. Die Bleiexposition war teilweise erheblich. Der höchste gemessene Wert hatte 31 µg/dl betragen, der niedrigste lag bei 4 µg/dl. Laut Reuben lagen 94 Prozent der Kinder über dem heute geltenden Grenzwert von 5 µg/dl.
Die vermutlich chronische Bleivergiftung im Kindesalter blieb nicht ohne Auswirkungen auf den beruflichen Erfolg. Jeder Anstieg der Blutbleikonzentration um 5 µg/dl war mit einem Rückgang um 1,79 Punkte im „NZSEI-06“ verbunden, der den sozioökonomischen Status misst und Werte zwischen zehn und 90 Punkte einnehmen kann. Bei der Assoziation wurden bereits der Intelligenzquotient der Mutter und die soziale Herkunft berücksichtigt. Eine hohe Bleibelastung dürfte für einige Kinder mit einem sozialen Abstieg verbunden gewesen sein.
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