Hybridimmunität: Infektion plus Impfung schützt am besten vor erneuter Infektion mit SARS-CoV-2

Lyon – Wer mit SARS-CoV-2 infiziert war und sich anschließend noch gegen COVID-19 impfen lassen hat, ist möglicherweise besser vor erneuten Infektionen geschützt als Personen, die nur infiziert waren oder nur geimpft sind.
Die Hybridimmunität durch Infektion und Impfung habe zu einer besseren humoralen und (mukosalen) zellulären Immunität geführt, wie Forschende in Science Translational Medicine berichten (2023; DOI: 10.1126/scitranslmed.ade055).
Laut der Langzeitstudie mit 6-monatiger Nachbeobachtung wiesen Menschen, die infiziert und 1 bis 2 mal geimpft waren, die höchsten Antikörper (IgG)-Titer auf (850 bis 1.214 BAU/ml; siehe Kasten), gefolgt von nur Geimpften (2 Impfdosen; 180 bis 249 BAU/ml). Wer sich nur infiziert hatte ohne Impfung hatte die niedrigsten Antikörper-Titer im Blut von 80,5 BAU/ml bei leichter Erkrankung und 206,3 BAU/ml bei schwerer Erkrankung.
Die Bedeutung von Infektionen bei der Immunitätsvermittlung zeigte auch eine große Metaanalyse von 65 Studien (2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(22)02465-5): Sie bescheinigt, dass die infektvermittelte Protektion vor Reinfektionen durch das Coronavirus SARS-CoV-2 mindestens ebenso hoch, wenn nicht höher zu veranschlagen ist wie die nach einer 2-fachen Impfung mit mRNA-Vakzinen. Vollständige 3-fach Impfungen und Hybridimmunität wurden hier nicht untersucht. Das Deutsche Ärzteblatt hat berichtet.
Unterschiedliche Immunitätsmuster in der Bevölkerung
Mittlerweile hat der größte Teil der Bevölkerung irgendeine Art von Immunität gegen SARS-CoV-2.
„COVID-19-Genesene haben eine geringeres Infektionsrisiko und entwickeln bei einer Reinfektion häufig mildere Symptome. Und Adenovirus- oder mRNA-basierte Impfstoffe schützen bemerkenswert gut vor Infektionen mit SARS-CoV-2 und reduzieren das Risiko für schwere Erkrankungen“, schreiben Véronique Barateau vom CIRI-Centre International de Recherche en Infectiologie der Université Claude Bernard Lyon, Lyon, Frankreich und ihre Kollegen.
Die Kombination „aus verschiedenen Impfstoffen, Impfschemata und Infektionen hat eine Vielfalt von Immunitätsmustern geschaffen, die verglichen werden müssen, um schlechter gestellte Populationen für Auffrischimpfungen zu priorisieren“, ergänzen sie.
Geimpfte Genesene haben die meisten Antikörper
Sie verglichen die Spike-Protein-spezifische Antikörperantwort von 613 geimpften und ungeimpften COVID-19-Genesenen sowie Geimpften, die noch keine Infektion mit SARS-CoV-2 hatten, miteinander. Es zeigte sich, dass diejenigen mit Hybridimmunität – geimpfte Genesene – nach 6 Monaten die stärkste Spike-Protein-spezifische Antikörperantwort aufwiesen.
Die Titer an IgG-Antikörpern waren bei Weitem am höchsten bei den genesenen und geimpften Patienten – und dies unabhängig vom Impfregime. Ungeimpfte Genesene hatten die niedrigsten Titer an IgG-Antikörpern, speziell wenn ihre COVID-19-Erkrankung mild verlaufen war. Geimpfte ohne vorangegangene Infektion zeigten - ebenfalls unabhängig vom Impfregime – mittlere IgG-Antikörper-Titer.
Auch bei der zellulären Immunantwort gibt es Auffälligkeiten
Im Gegensatz zur Antikörperantwort sei die Überlegenheit von Infektion plus Impfung im Hinblick auf die zelluläre Immunantwort „weniger eindeutig“, wie die Forschenden betonen. Dennoch gab es messbare Unterschiede: Im Vergleich zu Geimpften ohne SARS-CoV-2-Infektion wiesen die Studienteilnehmenden mit Hybridimmunität häufiger eine atypische Untergruppe von CD4+ B-Zellen auf, die speziell in der Schleimhaut aktiv sind.
Hybridimmunität ging darüber hinaus mit einer Veränderung der T-Zell-Antwort einher: Sie war assoziiert mit einer verstärkten TFH1-Polarisierung der Spike-Protein-spezifischen TFH-Zellen, „was wahrscheinlich zu einer verstärkten Produktion von Interferon-gamma (IFN-γ) beiträgt“, wie die Autoren schreiben. IFN-γ hat die Aufgabe, Makrophagen zu aktivieren und damit die zelluläre Abwehr zu stimulieren und zu unterstützen.
„Zusammengenommen zeigen unsere Daten, dass eine vorausgegangene Infektion mit SARS-CoV-2 die Titer an Spike-Protein-spezifischen Antikörpern erhöht, die durch eine Impfung hervorgerufen werden. Sie induziert außerdem Veränderungen in der Zusammensetzung des Pools an Spike-Protein-spezifischen Gedächtnis-B-Zellen, die einen verstärkten funktionellen Schutz in der Schleimhaut vermitteln“, so die Forschenden.
Sie betonen daher die Notwendigkeit, zuvor bereits mit SARS-CoV-2 infizierte Personen zu impfen, um ihren Immunschutz vor SARS-CoV-2 zu optimieren.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: