Medizin

COVID-19: Antikörper­behandlung hat Sterberisiko gesenkt

  • Dienstag, 4. April 2023
/freshidea, stock.adobe.com
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Pittsburgh – Die 5 monoklonalen Antikörper, die über 2 Jahre in den USA zur Behandlung von COVID-19 zugelassen waren, bevor sie in der Omikron-Welle vom Markt genommen wurden, haben viele Menschen vor einer schweren Erkrankung an COVID-19 und einem Tod geschützt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Fall-Kontrollstudie in den Annals of Internal Medicine (2023; DOI: 10.7326/M22-1286).

Der erste monoklonale Antikörper Bamlanivimab erhielt in den USA bereits im November 2020 eine Zulassung, also noch vor der Einführung der Impfstoffe. Er wurde im April 2021 vom Markt genommen, als sich herausstellte, dass sich SARS-CoV-2 durch Mutationen in der Rezeptorbindungsstelle dem Zugriff von Bamlanivimab entzogen hatte.

Das gleiche Schicksal ereilte später die Antikörper Bamlanivimab-Etesevimab, Casirivimab-Imdevimab Sotrovimab und Bebtelovimab. Der letztgenannte verlor als letzter Ende November 2022 die Zulassung.

In den USA wurden die Antikörper deutlich häufiger eingesetzt als hierzulande. In 2 Jahren wurden mehr als 3,6 Mio. Präparate verordnet. Das University of Pittsburgh Medical Center hat die Antikörper frühzeitig eingesetzt. Der Chefanalytiker der Klinik Kevin Kip und Mitarbeiter haben die Erfahrungen jetzt in einer „hypothetischen pragmatischen randomisierten“ Studie ausgewertet.

Es handelt sich um eine Fall-Kontrollstudie, bei der 2.571 Patienten der doppelten Zahl von Kontrollen gegenübergestellt wurden. In einer „Propensity Analyse“ wurden dabei aus den elektronischen Krankenakten Patienten gezogen, die den Fällen in möglichst vielen Eigenschaften glichen. Da niemals alle Eigenschaften in den Krankenakten erfasst werden können, ist umstritten, ob die Untersuchung die gleiche Qualität hat wie eine kontrollierte Therapiestudie.

Die Erfahrungen mit den Antikörpern waren insgesamt positiv. Dies mag daran gelegen haben, dass Kip die Fälle auf Patienten beschränkt, die innerhalb von 2 Tagen nach einem positiven PCR-Test behandelt wurden.

Zugelassen ist ein Einsatz innerhalb der ersten 7 Tage. Ein früher Beginn der Behandlung erhöht grundsätz­lich die Chance, dass die Viren neutralisiert werden können, bevor es zu einer schweren Erkrankung kommt.

Wie Kip und Mitarbeiter berichten, mussten von den 2.571 Patienten nur 115 (4,5 %) im Krankenhaus behandelt werden und nur 9 (0,4 %) starben an COVID-19. In der Kontrollgruppe waren es 6,1 % und 2,5 %. Kip ermittelt eine Risk Ratio für eine Hospitalisierung von 0,74, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,60 bis 0,91 signifikant war. Beim Endpunkt Tod betrug die Risk Ratio sogar nur 0,14 (0,07-0,26). Mit anderen Worten: Die Behandlung hatte das Hospitalisierungsrisiko um 26 % und das Sterberisiko um 86 % gesenkt.

Die Schutzwirkung war bei abwehrgeschwächten Patienten mit einer Risk Ratio von 0,45 (0,28-0,71) auf Hospitalisierung oder Tod etwas höher als bei den nicht abwehrgeschwächten Patienten, bei denen die Risk Ratio 0,58 (0,47-0,72) betrug.

Unter den verschiedenen Präparaten waren die Ergebnisse für Casirivimab–Imdevimab (Risk Ratio 0,54 (0,41-0,71) am besten. Für Bamlanivimab-Etesevimab (Risk Ratio 0,85; 0,51-1,41) war nur ein schwacher Trend erkennbar. Von den Virusvarianten wurde nur der Wildtyp (Risk Ratio 0,70; 0,38-1,28) und Alpha (Risk Ratio 0,55; 0,30-1,00) nachweisbar abgewehrt. Bei Delta war keine Wirkung und bei Omikron allenfalls eine minimale Wirkung erkennbar. Die Analyse stieß hier allerdings an ihre statistischen Grenzen.

Derzeit ist in den USA kein Antikörper-Präparat mehr verfügbar. Grundsätzlich wäre es möglich, Antikörper gegen die aktuell zirkulierenden Virusvarianten zu entwickeln. Ihr Einsatz wäre bei Patienten mit schwerer Immunschwäche sinnvoll, die durch eine Impfung nicht ausreichend geschützt werden können, weil ihr Immunsystem eigene Antikörper nicht in ausreichender Menge produziert. Das Interesse an der Entwicklung neuer Präparate hat jedoch angesichts der sinkenden Zahl von schweren Erkrankungen und Todesfällen nachgelassen.

rme

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