Vermischtes

Illegale Geschäfte mit Paxlovid, Apotheken unter Verdacht

  • Montag, 15. Januar 2024
/picture alliance, dpa, Fabian Sommer
/picture alliance, dpa, Fabian Sommer

Berlin – Mehrere Apotheken in Deutschland stehen unter Verdacht, das vom Staat bereitgestellte Coronamedi­ka­ment Paxlovid illegal weiterverkauft zu haben.

In Berlin laufen Ermittlungen gegen die Betreiber von sechs Apotheken, wie ein Sprecher der Staatsanwalt­schaft sagte. In Bayern stehen nach Behördenangaben acht Apo­theken im Fokus der Ermittler.

Allein in der Hauptstadt geht die Staatsanwaltschaft von einem Schaden in Höhe von drei Millionen Euro aus. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände warnte derweil davor, alle Apotheken in Deutschland unter Generalverdacht zu stellen.

Nach Angaben der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) in Nürnberg stellt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) das Mittel Apotheken kostenfrei für Patien­ten zur Verfügung.

Es dürfe aber nicht an Dritte weiterverkauft werden, hieß es. An diese Vorgabe sollen sich die Verdächtigen nicht gehalten haben. Deshalb würden sie der Unterschlagung verdächtigt, möglich seien auch Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz.

Nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung, die zuvor darüber berichtet hatten, erstattete das Bundesgesundheitsministerium in diesem Zusammenhang bundesweit an mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gegen Apotheker. Das Bundesgesundheitsministerium äußerte sich heute zunächst nicht.

Die acht Apotheken in Bayern, zu denen Ermittlungen laufen, sollen bis zu gut 2.500 Packungen Paxlovid geor­dert haben, wie ein Pressesprecher der ZKG sagte. Wie viele davon illegal weiterverkauft worden sein könnten, konnte er am Montag zunächst nicht sagen.

„Über die Zahl der unterschlagenen Packungen Paxlovid kann derzeit nur spekuliert werden.“ Man sei erst am Anfang der Ermittlungen. „Es könnte in dem einen oder anderen Ermittlungsverfahren aber schon um einen Schaden in Millionenhöhe gehen“, sagte der Sprecher.

Ermittler hatten demnach bereits Mitte Dezember Objekte in Oberbayern, Mittelfranken, Oberfranken und der Oberpfalz durchsucht. Dabei stellten sie den Angaben zufolge zahlreiche Dokumente sicher. Für die Verdächti­gen gelte die Unschuldsvermutung.

Bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main sind nach dortigen Angaben ebenfalls mehrere Ermittlungsver­fahren anhängig. Es handle sich um eine „mittlere einstellige Anzahl“, in denen die Ermittlungen wegen des Verdachts von Vermögensstraftaten und des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz andauern. Weitere Anga­ben machte die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen nicht.

In Berlin sei bei Überprüfungen aufgefallen, dass sechs Apotheken ungewöhnlich viele Packungen des Medika­ments geordert hatten, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Durchsuchungen auf Antrag des Bundesge­sundheitsministeriums habe es bereits im vergangenen Jahr gegeben, auch mit dem Ziel, Geschäftsunterlagen auszuwerten.

„Möglicherweise ist ein großer Teil der Medikamente ins Ausland abverkauft worden“, sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde. Der Preis pro Packung liege im mittleren dreistelligen Bereich.

Der Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Benjamin Rohrer, erklärte, dass der Handel oder gar Export des dem Staat gehörenden Coronamedikaments nicht zulässig sei und bei Verstößen strafrecht­lich verfolgt werden könne. „Diese klare Rechtsauffassung haben wir auch regelmäßig an alle Apotheken wei­tergegeben.“ Man gehe davon aus, dass Straftaten nur in wenigen Einzelfällen vorgekommen seien.

„Wenn sich die unzähligen Verdachtsfälle bestätigen, ist das leider ein weiteres Beispiel, wie die unbürokrati­schen und großzügigen Maßnahmen der Bundesregierung in den Coronajahren im Gesundheitswesen von zu vielen Leistungserbringern missbraucht wurden, um sich persönlich zu bereichern“, sagte Paula Piechotta, Mit­glied im Haushaltsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss für die Grüne Bundes­tagsfraktion.

„Auch im Gesundheitswesen gilt leider: Vertrauen reicht nicht, Kontrolle muss sein“, sagte die Radiologin. In diesem Gesundheitswesen müsse man Betrug von vornherein unmöglich machen. Darauf zu vertrauen, dass alle im Gesundheitswesen sich an die Regeln hielten, führe „leider immer zu Schaden für Versicherte oder Steuer­zahler“.

Paxlovid kann seit Ende Februar 2022 von Ärztinnen und Ärzten verordnet werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte in Kombination mit Impfungen große Hoffnungen auf das Medikament gesetzt.

Es kann allerdings eine Reihe an Wechselwirkungen haben und muss bereits sehr früh während der Erkrankung eingenommen werden. Paxlovid war vom Bundesgesundheitsministerium in großer Menge eingekauft worden, allein für 2022 sollten eine Million Packungen bereitstehen, wie es damals geheißen hatte.

dpa/may

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung