Hochschulen

Implantierbares Faservlies soll gelähmte Muskeln elektrisch stimulieren

  • Donnerstag, 21. August 2025
/Issara, stock.adobe.com
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Hannover – Ein Kunststoffvlies, das unter die Haut eingesetzt wird und gelähmte Muskeln mit Schwachstrom direkt stimulieren soll, entwickelt eine Arbeitsgruppe um Doha Obed von der Klinik für Plastische, Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zusammen mit dem Institut für Mehrphasenprozesse der Leibniz Universität Hannover (LUH). Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt über drei Jahre mit rund 800.000 Euro.

Bislang werden Muskellähmungen laut der Arbeitsgruppe unter anderem mit einer funktionellen Elektrostimulation behandelt. Dabei werden Elektroden auf die Haut geklebt und unter Strom gesetzt, sodass sich der darunterliegende Muskel anspannt.

Auch unter die Haut implantierte Elektroden kommen zum Einsatz, haben aber laut den Forschenden gravierende Nachteile. „Zum einen besteht das Problem, dass Kabel aus der betreffenden Hautregion heraushängen, zum anderen sind die Systeme stör- und infektanfällig“, erläuterte Obed.

Das Team verfolgt daher einen anderen Ansatz: Sie wollen ein spezielles Faservlies aus Polyvinylidenfluorid (PVDF) herstellen. PVDF gehört zu den sogenannten thermoplastischen Fluorkunststoffen, ist weitgehend unempfindlich gegen Wärme und chemische Einflüsse und wird unter anderem als Auskleidung für Rohre eingesetzt.

Am Institut für Mehrphasenprozesse wird dieser Ausgangsstoff bearbeitet und zu einem hauchdünnen, aber sehr stabilen Faservlies umgeformt, das möglichst leicht unter die Haut implantiert werden kann und dort das Zusammenspiel mit dem gelähmten Muskelgewebe begünstigt.

„Das magnetische Faservlies ist piezoelektrisch, verformt sich also beim Anlegen einer elektrischen Spannung“, so Obed. Diese wird von außen durch ein magnetisches Feld erzeugt. Die Verformung des Faservlieses wiederum erzeugt einen elektrischen Strom, der den Muskel stimulieren kann.

Derzeit arbeiten die Forschenden daran, wie sich die erzeugte Spannung im gelähmten Muskel ohne Kabel messen lässt. An der LUH entwickeln die Ingenieurinnen und Ingenieure dafür kleine Messsonden, die als Mikrochips ebenfalls unter die Haut implantiert werden sollen. Im Verlauf soll das Faservliesimplantat im Tiermodell erprobt werden.

hil

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