Ausland

Indische Krankenhäuser senden Hilferufe wegen fehlenden Sauerstoffs

  • Freitag, 23. April 2021
/picture alliance, Indranil Aditya
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Mumbai – Angesichts der hohen Zahl von Coronapatienten haben indische Krankenhäuser heute Hilfe­rufe wegen fehlenden Sauerstoffs zur künstlichen Beatmung gesendet. „SOS – weniger als eine Stunde Sauerstoffvorräte übrig im Max Smart Hospital und Max Hospital Saket“, schrieb eine der größten Ketten von Privatkrankenhäusern im Onlinedienst Twitter.

Man brauche sofortige Hilfe. Premierminister Narendra Modi sollte am selben Tag eine Reihe von Krisen­sitzungen abhalten. Die indischen Behörden meldeten weitere 330.000 SARS-CoV-2-Neuinfektionen bin­nen 24 Stunden und 2.000 weitere Todesfälle – im April wurden bislang bereits mehr als vier Millionen Neuinfektionen registriert.

Das ohnehin seit Jahrzehnten unterfinanzierte Gesundheitssystem ist von der hohen Zahl an Corona­patienten überfordert, es fehlt an Sauerstoff, Medikamenten und Betten. Vor wenigen Tagen starben 22 COVID-19-Patienten im Bundesstaat Maharashtra, als die Sauerstoffzufuhr ihrer Beatmungsgeräte wegen eines Lecks abbrach.

In Neu Delhi ging in der Nacht zu heute in mindestens sechs Krankenhäusern der Sauerstoff zur Neige, bevor am Morgen neue Lieferungen eintrafen. Die Fahrer von Sauerstofftankfahrzeugen machen Über­stunden, um alle Kliniken zu versorgen. Auch Frachtflugzeuge zum Sauerstofftransport sind im Einsatz.

Für den zuletzt massiven Anstieg der Infektionszahlen werden eine doppelte Mutation des Coronavirus sowie religiöse, politische und sportliche Massenveranstaltungen verantwortlich gemacht. In der Hoff­nung, in der Coronakrise sei das Schlimmste vorbei, hatten die indischen Behörden Anfang des Jahres die meisten Auflagen gelockert und Veranstaltungen von riesigen Hochzeitsfeiern über Cricketspiele bis zu religiösen Versammlungen wieder erlaubt.

Bei der Kumbh Mela, einer der größten religiösen Feiern der Welt, drängten sich zwischen Januar und dieser Woche geschätzt 25 Millionen Pilger dicht an dicht, die meisten ohne Maske. In vielen Bundes­staaten gab es zudem Wahlkampfveranstaltungen, darunter eine von Premierminister Modi in Kolkata mit geschätzt 800.000 Teilnehmern. Mehrere Bundesstaaten haben die Coronavorschriften inzwischen wieder verschärft.

In absoluten Zahlen hat Indien mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern mehr als 16 Millionen Infektionen erfasst. Das Land ist damit hinter den USA am Härtesten von der Pandemie betroffen.

Auch Virusmutationen dürften eine Rolle spielen. Die indische Variante B.1.617 steht bei der Weltge­sund­heits­organisation (WHO) unter Beobachtung. Auch in Deutschland wurden bereits einige Infektio­nen mit dieser Variante registriert.

Wegen dramatisch steigender CoronaiInfektionszahlen stuft die Bundesregierung Indien ab Sonntag als Hochinzidenzgebiet ein. Mit der Einstufung Indiens als Hochinzidenzgebiet ist keine Verschärfung der Einreisebestimmungen verbunden. Die hätte es nur gegeben, wenn das Land mit den zweitmeisten Einwohnern weltweit zum Virusvariantengebiet erklärt worden wäre – was einige Beobachter erwartet hatten. Denn in Indien hat sich eine besonders gefährliche Virusvariente verbreitet.

dpa/afp

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