Infektiologen fordern bei TB Fokussierung auf multiresistente Keime

Köln – Infektiologen fordern, sich beim weltweiten Kampf gegen die Tuberkulose (TB) gezielter als bisher auf die Eindämmung und Behandlung multiresistenter Tuberkulose-Erreger (MDR-TB) zu konzentrieren. „Laut WHO haben sich zwischen 2009 und 2015 die MDR-TB-Fälle unter den neu Infizierten in Europa mehr als verdoppelt – eine bedrohliche Entwicklung“, erläutert der Experte der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI), Jan Rybniker.
2015 gab es in Russland 42.000 MDR-TB-Neuinfektionen, in der Ukraine 12.000 und in Weißrussland und Moldawien 1.990 beziehungsweise 1.700. Mit 125 Erkrankungen im Jahr 2015 sei die Lage in Deutschland derzeit nicht dramatisch, wenngleich auch in Deutschland die Fallzahlen zunähmen, so der Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie am Universitätsklinikum Köln.
Die Behandlung der MDR-TB-Erkrankung sollte stets in spezialisierten Zentren erfolgen, so die Fachgesellschaft. „Die Therapie ist komplex, und erfordert Erfahrung in der Diagnostik und im Umgang mit sehr teuren und nebenwirkungsträchtigen Kombinationstherapien“, erläutert Christoph Lange, Leiter der klinischen Infektiologie am Forschungszentrum Borstel. „Im Fall der TB mussten wir erleben, dass weniger als zwei Jahre nach der Zulassung der einzigen neuen Medikamente, die seit mehr als 45 Jahren zur Therapie der TB entwickelt wurden, es bereits 2015 den ersten Fall eines Patienten gab, bei dem die TB-Erreger auch gegen die neuen Medikamente resistent waren“, warnte er. Um dies zu vermeiden, müsse der Umgang mit Medikamenten kontrolliert und durchdacht erfolgen und gehöre in die Hände von erfahrenen Infektiologen an spezialisierten Zentren, so Lange.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich vorgenommen, die TB bis 2035 deutlich einzudämmen und die Infektion in sogenannten Niedriginzidenzländern wie Deutschland gänzlich auszurotten. Die sei zwar ein wichtiges Ziel – eine Initiative zur Kontrolle der MDR-TB sei angesichts der Entwicklung der Fallzahlen jedoch absolut vordringlich, so die Fachgesellschaft.
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