Infektionen mit Omikronvarianten bleiben oft unbemerkt

Los Angeles − Viele Erwachsene, die seropositiv für eine Infektion mit einer Omikron-Variante von SARS-CoV-2 sind, haben diese nicht mitbekommen: In einer Studie gab mehr als die Hälfte der Betroffenen an, in der jüngeren Vergangenheit keine SARS-CoV-2-Infektion gehabt zu haben.
Den Autorinnen und Autoren der Studie zufolge könnte dieses Nichtwissen erheblich zur Übertragung und Ausbreitung der Infektion beitragen. Die Untersuchung ist in JAMA Network Open (2022, DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.27241) erschienen.
Das Team um die korrespondierende Autorin Susan Cheng vom Smidt Heart Institute, Cedars-Sinai Medical Center, hatte in die Studie 210 Menschen mit serologisch bestätigter Omikron-Infektion eingeschlossen. Sie entstammten einer großen Beobachtungskohorte, der medizinisches Personal und Patienten des Cedars-Sinai Medical Centers in der US-Metropole Los Angeles angehörten.
Von ihnen lagen mindestens 2 serologische Analysen auf das Vorliegen von Immunglobulinen gerichtet gegen das Nukleokapsid von SARS-CoV-2 vor. Die erste Blutentnahme fand nach der regionalen Deltawelle (15.9.2021) und die 2. nach dem Beginn der regionalen Omikronwelle (15.12.2021) statt. Der Abstand zwischen den Blutentnahmen betrug wenigstens 1 Monat.
Außerdem hatten die Probanden an mindestens 1 Befragung zu ihrer Gesundheit innerhalb von 5 Wochen vor oder nach der 2. Blutentnahme teilgenommen. Das mediane Alter der Studienpopulation betrug 51 Jahre, die Spanne reichte von 23 bis 84 Jahren. Etwa 2/3 waren Frauen (n = 136, 65 %). Wenigstens eine COVID-19-Impfung hatten 197 Teilnehmende (94 %) vor der Serokonversion erhalten.
Nur 44 % der Teilnehmenden (n = 92) waren sich der Omikroninfektion bewusst, 56 % (n = 118) dagegen nicht. Unter letzteren berichteten 10 % (n = 12), dass sie in der Phase der Serokonversion Symptome gehabt hatten. Ursächlich dafür hielten sie jedoch gewöhnliche Erkältungen beziehungsweise Infektionen mit anderen Erregern als SARS-CoV-2.
In einer multivariablen Analyse stellte sich heraus, dass medizinisches Personal die Infektion eher bemerkte als Patienten (Odds Ratio [OR] 2,46; 95-%-Konfidenzintervall [KI] 1,30-4,65; p = 0,006). Ähnliches galt für Männer, die ein höheres Bewusstsein für die Infektion hatten als Frauen (OR 1,87; 95-%-KI 1,01-3,45; p = 0,05).
Höheres Alter erwies sich dagegen als ein Faktor, der damit verbunden war, dass die Infektion eher unbemerkt verlief (OR 0,78; 95-%-KI 0,64-1,00; p = 0,05). Die Forschenden vermuten, dass die relativ hohe Zahl von Menschen, die ihre Omikron-Infektion nicht erkannt hatten, abhängig von Symptomen und unterschiedlichen Gewohnheiten bei der Testung sei. Viele hätten etwa asymptomatische Verläufe gehabt.
Das höhere Bewusstsein des medizinischen Personals lasse sich wahrscheinlich nicht nur auf ein besseres Gesundheitswissen zurückführen, sondern auch auf die tägliche Testung der Angestellten.
Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass serologische Untersuchungen die Überwachung auf SARS-CoV-2-Infektionen unterstützen könnten, schlussfolgern die Forschenden. Gehe man davon aus, dass nicht erkannte Infektionen unter Umständen Interventionen wie Selbsttests oder Selbstisolation unterbinden, würden selbst geringe Zahlen nicht erkannter Infektionen erheblich zur Ausbreitung des Virus beitragen.
Womöglich trügen die bessere Verfügbarkeit und die vermehrte Anwendung von Schnelltests dazu bei, dass weniger Infektionen unbemerkt verliefen und sich dadurch die Ausbreitung und Übertragung der Erreger eindämmen lasse.
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