Infektionsreport: Mehr aber mildere Atemwegsinfekte, weniger Grippeimpfungen

Hamburg – Die Coronapandemie hat das Infektionsgeschehen in der Bundesrepublik verändert. Das ist das Ergebnis des neuen neue Infektionsreports von Techniker Krankenkasse (TK) und aQua-Institut. Demnach hatten die Menschen in den letzten beiden Wintern deutlich mehr Atemwegsinfekte als zuvor, dafür geht die Erkrankungsdauer und -intensität zurück.
„Wir haben mit Coronaviren neben Rhino-, Adeno- und Influenzaviren einen vierten Player, der sich natürlich auf das Infektionsgeschehen auswirkt“, so TK-Vorstandsvorsitzender Jens Baas. Die Zahlen bestätigen dies. So fiel dem Report zufolge in den Wintern 2022/23 sowie 2023/24 durchschnittlich fast jeder fünfte erwerbstätige TK-Versicherte wegen einer Atemwegsinfektion aus.
Im Pandemiewinter 2021/22, in dem teilweise noch Kontaktbeschränkungen und andere Maßnahmen galten, war es noch jeder neunte. „Das Infektionsgeschehen ist dynamischer als in den Pandemiewintern und den Wintern zuvor“, resümiert Baas. Hinzu komme in den vergangenen beiden Wintern der deutliche Nachholeffekt bei verschiedenen Atemwegsinfektionen. „Dieser hat sich jedoch im letzten Winter stabilisiert“, so der TK-Chef.
Zugleich hat die Infektionsintensität in den vergangenen Wintern laut TK-Report abgenommen: Fehlten TK-Versicherte im Winter 2021/22 mit einer Atemwegserkrankung im Schnitt rund 8 Tage bei der Arbeit, sank die Dauer pro Krankschreibung im Winter 2022/23 auf durchschnittlich 6,5 Tage und im vergangenen Winter auf 6 Tage. Damit fielen in den letzten beiden Wintern also deutlich mehr Menschen erkältungsbedingt aus, die durchschnittliche Dauer ist jedoch spürbar zurückgegangen.
Auch die Versorgung bei Atemwegsinfekten greift der Report auf. Ein Ergebnis: Die Grippe-Impfquoten sinken weiter. Nach einem Anstieg im Coronawinter 2021/22, in dem sich 47 Prozent der über 60-jährigen TK-Versicherten gegen Grippe impfen ließen, sank die Quote 2022/23 auf 43 Prozent und in der vergangenen Wintersaison 2023/24 auf 42 Prozent. „
Von der Zielvorgabe der EU, wonach sich 75 Prozent der älteren Menschen gegen Grippe impfen lassen sollten, sind wir, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, meilenweit entfernt“, unterstrich TK-Chef Baas und verwies auf die hohe Bedeutung einer Impfung vor allem für Risikogruppen.
Bei der Versorgung mit Arzneimitteln zeigt sich, dass Versicherte mit einer Atemwegsinfektion wieder mehr Antibiotika verschrieben bekommen haben. In Zahlen: Im vergangenen Winter bekamen 18 Prozent der TK-Versicherten, die wegen einer Atemwegsinfektion bei ihrem Arzt oder bei ihrer Ärztin waren, ein Antibiotikum verschrieben.
Damit ist wieder fast das Vor-Corona-Niveau erreicht, nachdem die Verschreibungszahlen in der Pandemie eingebrochen waren. So erhielten im Winter 2020/21 nur zehn Prozent der Versicherten mit Erkältung ein Rezept für ein Antibiotikum in der Arztpraxis.
Außerdem Thema des TK-Infektionsreports: Lieferengpässe bei Fiebermitteln und Antibiotika. Die Auswertungen zeigen, dass es regional eine ungleiche Verteilung der Medikamente gab. Das heißt: In einigen Bundesländern haben sich die Apotheken einen viel größeren Vorrat angelegt als in anderen Bundesländern.
So lag beispielsweise die Bevorratungsquote, also die Differenz zwischen Ein- und Abverkauf, mit Fiebermitteln im Sommer 2022 in Hamburg bei 26 Prozent, in Sachsen bei 130 Prozent und damit etwa fünfmal so hoch. Laut TK-Chef Baas braucht es diesbezüglich dringend mehr Transparenz: „Es ist unverständlich, dass wir immer noch keinen Überblick darüber haben, welche Arzneimittel zu einem bestimmten Zeitpunkt im Großhandel und in den Apotheken vorrätig sind.“
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