Häufige Atemwegsinfekte könnten Kinder vor schweren COVID-19-Verläufen geschützt haben

New Haven – Forschende haben möglicherweise herausgefunden, weshalb Kinder und Jugendliche in der Coronapandemie seltener schwere Krankheitsverläufe entwickelten als Erwachsene. Die häufigen Atemwegsinfektionen, die sie sich insbesondere im Kleinkindalter zuziehen, könnten sie indirekt geschützt haben, wie die im Journal of Experimental Medicine veröffentlichten Studiendaten nahelegen (2024; DOI: 10.1084/jem.20230911).
Kinder sind generell anfälliger für Atemwegsinfektionen als Erwachsene. Dennoch verursacht SARS-CoV-2 bei Kindern weniger schwere Krankheitsverläufe als bei Erwachsenen – was sich auch in der niedrigeren Rate an Hospitalisierungen und Todesfällen in der COVID-19-Pandemie widerspiegelte.
Es ist bekannt, dass das angeborene Immunsystem in den Nasengängen von Kindern aktiver ist als bei Erwachsenen. Möglicherweise ist es deshalb besser in der Lage, die frühen Stadien der SARS-CoV-2-Infektion abzuwehren. Aber die Ursache für diese erhöhte Aktivität ist nicht abschließend geklärt.
Hohe Immunaktivität in der kindlichen Nase
„Frühere Arbeiten deuten darauf hin, dass die erhöhte nasale angeborene Immunität bei Kindern auf intrinsische biologische Mechanismen zurückzuführen ist, die mit ihrem Alter einhergehen“, berichtet Seniorautorin Ellen F. Foxman vom Department of Laboratory Medicine der Yale School of Medicine in New Haven. „Aber wir dachten, dass es auch die hohe Belastung mit Atemwegsviren und bakteriellen Infektionen eine Rolle spielen könnte.“
Die Forschungsgruppe um Foxman analysierte 600 Nasenabstriche, die während der COVID-19-Pandemie von Kindern und Jugendlichen genommen wurden. Es handelte sich um pädiatrische Patienten, die sich entweder einer elektiven Operation unterzogen oder in einer Notaufnahme behandelt wurden.
Während der Pandemie waren die Proben nur auf SARS-CoV-2 getestet worden, aber Foxman und ihre Kollegen untersuchten sie erneut, und diesmal auf 19 verschiedene Atemwegsviren und Bakterien. Außerdem bestimmten sie die Konzentrationen verschiedener Zytokine (IL-1β, TNF, CXCL10), die vom angeborenen Immunsystem produziert wurden.
Analyse auf 19 verschiedene Viren und Bakterien
Sie stellten fest, dass viele Kinder – selbst diejenigen ohne jegliche Symptome – mit anderen Atemwegserregern als SARS-CoV-2 infiziert waren. Dies galt insbesondere für jüngere Kinder: Bei der Hälfte der asymptomatischen Kinder unter 5 Jahren fanden sich Vertreter der 19 untersuchten Viren und Bakterien.
Kinder, die mehr Atemwegserreger aufwiesen, zeigten eine stärkere Aktivität des angeborenen Immunsystems in den Nasengängen – unabhängig davon, ob es sich um Kleinkinder oder Teenager handelte.
Der Nachweis von Atemwegsviren korrelierte mit CXCL10, während bei bakteriellen Infektionen eine distinkte proinflammatorische Reaktion mit Anstieg von IL-1β und TNF, aber nicht CXCL10 zu beobachten war.
Um den Zusammenhang zwischen Atemwegsinfektionen und der nasalen angeborenen Immunität weiter zu erforschen, verglichen die Forschenden in einem zweiten Schritt Nasenabstriche von gesunden 1-Jährigen, die bei Routineuntersuchungen im Abstand von 2 Wochen genommen wurden.
Mehr als die Hälfte der Kinder wurde bei mindestens einem der beiden Kinderarztbesuche positiv auf ein Atemwegsvirus getestet. Sie hatten sich somit zwischen den beiden Terminen entweder eine Infektion zugezogen oder waren von einer Infektion genesen. In fast allen Fällen war die angeborene Immunaktivität der Kinder höher, wenn sie infiziert waren, und niedriger, wenn sie virusfrei waren.
„Das zeigt, dass die nasale Virusabwehr bei kleinen Kindern nicht permanent in höchster Alarmbereitschaft ist, aber sie wird in Reaktion auf das Eindringen eines Atemwegsvirus aktiviert, selbst wenn das Virus keine Symptome verursacht“, so Foxman.
Zusammengefasst deuten die Studienergebnisse darauf hin, dass das angeborene Immunsystem in den Nasengängen von Kindern oft hochaktiv ist, da sie sich häufig mit relativ harmlosen Erregern wie erkältungsverursachenden Rhinoviren infizieren.
Foxman vermutet, dass kleine Kinder häufiger Infektionen mit saisonalen Viren haben als Erwachsene, da sie weniger durch frühere Expositionen geschützt sind. Aber da SARS-CoV-2 ein in der menschlichen Population komplett neues Virus war, hatten weder Kinder noch Erwachsene einen bestehenden Schutz, als die Pandemie begann.
In dieser Situation könnte die Aktivierung der generalisierten Virusabwehr bei Kindern durch andere Infektionen dabei geholfen haben, die frühen Stadien der SARS-CoV-2-Infektion zu bekämpfen – mit im Ergebnis weniger schweren COVID-19-Verläufen als bei Erwachsenen.
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