IQWiG sieht keinen Zusatznutzen von Lanadelumab beim hereditären Angioödem

Köln – Ein Zusatznutzen des monoklonalen Antikörpers Lanadelumab zur routinemäßigen Prophylaxe von wiederkehrenden Attacken des hereditären Angioödems ist gegenüber einer Routineprophylaxe mit C1-Esterase-Inhibitor nicht belegt. Zu diesem Fazit gelangt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach einer Nutzenbewertung.
Lanadelumab ist in Europa bereits seit dem Jahr 2015 als Langzeitprophylaxe zur Verhinderung von Anfällen beim hereditären Angioödem zugelassen – der Hersteller musste den Zusatznutzen aber bislang nicht belegen, da es sich bei dem hereditären Angioödem um eine seltene Erkrankung handelt.
Aber nun hat der Wirkstoff die Umsatzgrenze von 50 Millionen Euro im Jahr überschritten, ab der ein Hersteller einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie auch bei Orphan Drugs in einem regulären Verfahren nachweisen muss.
Beim hereditären Angioödem schwellen die Haut oder die Schleimhäute immer wieder an, weil durch Gendefekte zu wenig oder kein funktionsfähiger C1-Esterase-Inhibitor produziert wird. Dieser Hemmstoff verhindert bei Gesunden eine übermäßige Bildung des Peptids Bradykinin, das die Durchlässigkeit der Blutgefäße erhöht.
Neben einer Akuttherapie, die eine bereits erfolgte Attacke so schnell wie möglich beheben soll, kommt für Betroffene mit häufigen Attacken eine Langzeitprophylaxe infrage. Der monoklonale Antikörper Lanadelumab wird subkutan gespritzt. Er hemmt das Enzym Kallikrein, das wiederum an der Bradykinin-Herstellung beteiligt ist, und verhindert so eine Überproduktion von Bradykinin.
„Obwohl der monoklonale Antikörper und der bereits seit vielen Jahren zur Langzeitprophylaxe eingesetzte C1-Esterase-Inhibitor vom selben Hersteller stammen, gibt es keine Studie, in der die beiden Wirkstoffe direkt miteinander verglichen werden“, hieß es aus dem IQWiG.
Für die Zulassung von Lanadelumab reichte eine placebokontrollierte Studie aus, in der die Teilnehmer in den Lanadelumabarmen weniger Attacken hatten als im Placeboarm.
In der frühen Nutzenbewertung muss aber ein größerer Nutzen oder geringerer Schaden gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nachgewiesen werden – was nicht erfolgt sei.
„Dieses Beispiel zeigt einmal mehr: Der anfänglich festgestellte fiktive Zusatznutzen von Orphan Drugs ist bei genauer Betrachtung oft nicht haltbar. Es wäre daher zukünftig sinnvoll, auch solche Arzneimittel von Anfang an vollständig zu bewerten“, sagte Thomas Kaiser, Leiter des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG.
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