Israel ruft Zivilbevölkerung zur Flucht auf, Krankenhäuser in Gaza vor Kollaps
Tel Aviv/Gaza – Angesichts der massiven Luftangriffe der israelischen Armee steht das Gesundheitssystem im Gazastreifen nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „am Rande des Zusammenbruchs“.
Die Zeit werde knapp, um eine „humanitäre Katastrophe zu verhindern“, wenn angesichts der vollständigen Blockade des Gebietes kein Treibstoff und keine lebensrettenden medizinischen und humanitären Güter schnell in den Gazastreifen gebracht werden können, erklärte die WHO in einer Stellungnahme.
„Krankenwagen können die Verwundeten nicht erreichen“, beklagte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in der Nacht auf X, vormals Twitter. Auch Teams von Ärzte ohne Grenzen behandeln derzeit Verwundete an mehreren Orten in Gaza.
Sie betreiben eine eigenständige Klinik und unterstützen das al-Awda Krankenhaus, das Nasser Krankenhaus und das Indonesische Krankenhaus. Zudem wurde ein Operationssaal in al-Shifa zur Aufnahme von Verbrennungs- und Traumapatienten eröffnet, weitere Krankenhäuser werden mit medizinischen Hilfsgütern unterstützt.
„Ärzte ohne Grenzen verurteilt das brutale Massaker an Zivilistinnen und Zivilisten durch die Hamas”, sagte Christian Katzer, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland. Gleichzeitig sei man entsetzt über die verheerenden Folgen der massiven Angriffe Israels auf den Gazastreifen.
Die Hilfsorganisation appellierte an alle Konfliktparteien, den Schutz der Zivilbevölkerung und von medizinischen Einrichtungen einschließlich Krankenwagen zu gewährleisten, so wie es das humanitäre Völkerrecht vorgibt.
Ärzte ohne Grenzen hat auch israelischen Krankenhäusern Unterstützung angeboten, die eine hohe Zahl von Verletzten behandeln. In den Palästinensischen Gebieten war die Nothilfeorganisation erstmals 1989 tätig.
Israels Militär hat heute mehr als eine Million Palästinenser im nördlichen Gazastreifen zu einer Massenevakuierung aufgefordert. „Das Militär ruft alle Zivilisten von Gaza auf, ihre Häuser zu ihrer eigenen Sicherheit und zu ihrem Schutz nach Süden zu verlassen“, teilte die Armee mit. Demnach sollen sich die Menschen in ein Gebiet südlich vom Fluss Gaza und Wadi Gaza begeben.
Rund 1,1 Millionen Palästinenser sind nach Angaben der Vereinten Nationen angewiesen worden, binnen 24 Stunden den nördlichen Gazastreifen zu verlassen. In den Erklärungen der israelischen Armee fehlte diese Zeitvorgabe. Armeesprecher Jonathan Conricus sagte: „Uns ist klar, dass das Zeit in Anspruch nimmt, das ist keine einfache Aktion.“ Der Aufruf wird als Hinweis auf eine bevorstehende Bodenoffensive in den Gazastreifen gewertet.
Nach dem Massaker der islamistischen Hamas in Israel am vergangenen Samstag bombardiert Israels Armee den dicht besidelten Gazastreifen. Beschossen wurden dabei auch erneut Wohnhäuser im Gazastreifen, die nach Militärangaben von Hamas genutzt wurden. Man greife jede Stellung der „Mörder“ an, sagte Militärsprecher Daniel Hagari. Die Hamas habe bereits die Kontrolle über große Gebiete im Gazastreifen verloren.
Als Antwort auf das schlimmste Blutvergießen seit der Staatsgründung Israels bereitet die Armee eine Bodenoffensive auf den Landstrich am Mittelmeer mit mehr als zwei Millionen Bewohnern vor. Mehr als 1.200 Menschen wurden bei dem Massaker der Hamas getötet und mindestens 3.391 weitere verletzt. Rund 150 Menschen wurden offiziellen Angaben zufolge zudem in den Gazastreifen verschleppt.
Die Zahl der in Gaza getöteten Palästinenser stieg auf mehr als 1.700. Die Zahl der bei den israelischen Luftangriffen getöteten Palästinenser erhöhte sich unterdessen auf mindestens 1.537. Mindestens 6.612 weitere Menschen wurden verletzt, wie das Gesundheitsministerium in Gaza mitteilte.
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