Politik

Kabinett winkt Finanzspritze für Krankenkassen durch

  • Mittwoch, 3. August 2016
Uploaded: 27.03.2013 18:12:19 by mis
/dpa

Berlin – Das Bundeskabinett hat heute eine umstrittene Finanzspritze für die Kranken­kassen von 1,5 Milliarden Euro aus der Reserve des Gesundheitsfonds auf den Weg gebracht. Union und SPD wollen mit diesen einmaligen zusätzlichen Mitteln im Wahljahr 2017 höhere Zusatzbeiträge für die rund 54 Millionen zahlenden Mitglieder der gesetz­lichen Krankenversicherung (GKV) vermeiden.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) regelt den Transfer im Gesetz­entwurf „zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psy­cho­­somatische Leistungen“. Er begründet die Finanzspritze aus der Liquiditäts­re­serve mit Mehrbelastungen durch die Versorgung von Flüchtlingen und mit dem Ausbau der telemedizinischen Infrastruktur.

Der Gesundheitsfonds ist mit zehn Milliarden Euro derzeit gut gefüllt, die Entnahme von eineinhalb Milliarden Euro gilt deshalb grundsätzlich als unproblematisch. Bei den Kran­ken­kassen stößt das Vorhaben trotz der Finanzspritze auf Kritik. Die Vorstandsvor­sitz­en­de des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, erklärte, der Ge­setz­geber selbst habe „durch seine kostspieligen Reformen der letzten Jahre wesentlich dafür gesorgt, dass die Zusatzbeiträge trotz sehr guter Einnahmen weiter steigen müssen“.

Der GKV-Spitzenverband geht 2017 von einem Anstieg des Zusatzbeitrages von durch­schnittlich 0,3 Prozentpunkten auf dann 1,4 Prozent aus. Der durchschnittliche Beitrags­satz läge dann bei 16 Prozent. Mit den 1,5 Milliarden Euro aus der Reserve des Gesund­heitsfonds fiele der Anstieg um rund 0,1 Prozentpunkte geringer aus.

Pfeiffer forderte eine grundsätzliche Diskussion um den Gesundheitsfonds. „Statt kurz­fristiger Einmaleffekte sollten klare Regeln definiert werden, wie das Geld im Gesund­heitsfonds, das über die notwendige Reserve hinausgeht, an die Krankenkassen aus­gezahlt wird.“

Weil Angela Merkel derzeit fernab von Berlin ausspannt, leitete Sigmar Gabriel an die­sem Mittwoch das Kabinett. Der Wirtschaftsminister und Vizekanzler ist erst seit Wochen­beginn aus dem Urlaub zurück. Die Sitzung dauerte nach Angaben einer Regierungs­spreche­rin etwa eine Dreiviertelstunde. Als er die Kanzlerin im vergangenen Sommer im Kabinett vertrat, war die Sitzung nach 13 Minuten vorbei. Ganz so viele Minister wie sonst saßen nicht mit am Tisch, zum Beschlüsse fassen reichte es aber.

Bürokratieentlastung in der Pflege
Neben den Kassenfinanzen hat sich das Kabinett auch um die Aspekte Psychiatrie­entgeltsystem und Bürokratieentlastung gekümmert. Der vom Kabinett verabschiedete Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz) sieht nun auch eine vollelektronische Abrechnung in der Pflegeversicherung vor. Vorgesehen ist, dass GKV-Spitzenverband und die Verbände der Leistungserbringer bis zum 1. Januar 2018 die Einzelheiten für eine elektronische Datenübertragung aller Angaben und Nachweise festlegen, die für die Abrechnung pflegerischer Leistungen in der Form elektronischer Dokumente erforderlich sind.

„Die Regelung verpflichtet den Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Ver­bände der Leistungserbringer zur Vereinbarung eines Verfahrens für eine sichere Übermittlung aller erforderlichen Abrechnungsunterlagen und aller sonstigen erforderlichen Nachweise in der Form elektronischer Dokumente“, heißt es in der Begründung. Dokumente in Papierform sollten „vollständig abgelöst und eine parallele Nutzung papiergebundener und elektronischer Dokumente vermieden werden“.

Bernd Tews, Geschäftsführer des Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), verbucht den Kabinettsentwurf als Erfolg für die Leistungserbringer, insbesondere in der ambulanten Pflege. „Endlich wird die jahrelange Forderung des bpa umgesetzt“, sagte er. Die parallele Anforderung von elektronischen sowie von papiergestützten Leis­tungsabrechnungen sei doppelter Aufwand gewesen. Künftig werde die elek­troni­sche Form ausreichen. „Weniger Zeit für Papierkram heißt mehr Zeit für Pflege“, so Tews.

may/EB/dpa/afp

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