Politik

Kassen wollen längere Öffnungszeiten bei Praxen

  • Dienstag, 19. Juni 2018
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Kremmen/Berlin – In der Debatte um die Erhöhung der Sprechzeichen von nieder­gelassenen Ärzten wirbt der Spitzenverband der Krankenkassen um mehr Sprech­stunden am Abend und am Wochenende. Nach Ansicht des stellvertretenden Vorsitzenden des Verbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, sollten Ärzte für GKV-Patienten die zusätzlichen Sprechstunden am Samstag sowie in den Abendstunden anbieten. Dafür könnte er sich auch vorstellen, eine zusätzliche Vergütung zu zahlen. Eine generelle Anhebung der Vergütung im Zuge der Ausweitung der Sprechzeiten, wie es die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert, lehnt er ab.

„Es geht ja um Mindestzeiten, nicht um Durchschnitte“, betonte von Stackelberg. Er gehe davon aus, dass viele Ärzte in allen Fachrichtungen über dem Durchschnitt arbeiten. Im EBM werde beispielsweise mit einer Arbeitszeit von 51 Stunden pro Woche kalkuliert. „Man sollte aber auch darüber diskutieren, ob Ärzte, die unter dem Durchschnitt arbeiten, dann nicht besser nur eine halbe Zulassung beantragen.“ Im Zuge dessen will er auch eine bessere Berichtspflicht der Kassen­ärztlichen Vereini­gungen (KV) über die Arbeitszeiten der niedergelassenen Ärzte erreichen.

Zusätzliche Sprechstunden vergüten

Für die zusätzlichen Sprechstunden in Zeiten, in denen bislang keine Sprechstunden angeboten werden, könnte sich der GKV-Spitzenverband vorstellen, diese Zeiten finanziell zu fördern. Somit könnten Abend- und Wochenendsprechstunden pro Fall besser vergütet werden. Derzeit gibt es eine Förderung der Wochenendsprechstunden, die um 14 Uhr endet, von elf Euro pro Patientenkontakt.

„Wir können uns aber vorstellen, dass Praxen auch bis um 19 Uhr geöffnet haben können.“ Bei den Verhandlungen erwartet er dazu Kooperation von der KBV. „Wenn wir als GKV 90 Prozent der Menschen versichern, können wir auch als GKV verlangen, dass Ärzte ausreichend Zeit in ihrer Arbeitszeit für die Versicherten zur Verfügung stellen.“ Er kann sich auch vorstellen, dass hier insgesamt ein etwa „zweistelliger Millionen­bereich“ zusätzlich gezahlt werden kann.

Die Krankenkassen wollen ebenso Anreize schaffen, dass Patienten für den Erstkontakt beim Facharzt schneller Termine bekommen. Hier könne er sich vorstellen, dass es gerade bei Fachärzten einen schnelleren Zugang zu einem ersten Abklärungsgespräch geben könnte.

Bei den vor eineinhalb Jahren eingeführten Terminservicestellen plädiert von Stackel­berg dafür, dass diese künftig unter einer bundeseinheitlichen Telefonnummer erreich­bar sein müssen. Außerdem wäre es gut, dass man bei den Servicestellen auch einen Kalender einsehen kann, in dem Ärzte ihre freien Sprechstundenzeiten eingetragen haben. Hier bauen die Kassen auch auf die Softwareentwicklungen bei der gematik.

In der Diskussion um die künftige Organisation von Notfallambulanzen sieht von Stackelberg weiterhin den Sicherstellungsauftrag bei den Kassenärztlichen Verei­nigungen. Man müsse gut nachdenken, ob man „leichtfertig“ diesen Auftrag nun an die Krankenhäuser überträgt. Er erwarte dazu in diesem Jahr noch gesetzgeberische Vorschläge. Für die Krankenkassen sei klar, dass es neben dem Sicherstellungsauftrag bei den KVen einen gemeinsamen Empfangstisch zwischen Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten geben müsse, um die Triage entsprechend vorzunehmen.

Kritik von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen kritisierte den Vorschlag für zusätzlichen Sprechstunden am Abend oder am Wochenende. „Alle Überlegungen in Richtung zusätzlicher ärztlicher Leistung sind absurd, solange schon jetzt 10 bis 20 Prozent der erbrachten Leistungen nicht bezahlt werden. Zechprellerei lässt sich nicht dadurch heilen, dass man zusagt, sich zu überlegen, eventuell die nächste Rechnung zu bezahlen. Auch bei jungen Medizinern spielt zudem eine funktionierende Work-Life-Balance eine zunehmend wichtigere Rolle, wie in unserer gesamten Gesellschaft auch.“

bee

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