Ärzteschaft

Kassenärztliche Vereinigung schimpft über Hessens Impfmanagement

  • Montag, 8. Februar 2021
/picture alliance, Joaquim Ferreira
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Frankfurt am Main – Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) hat die Terminvergabe für die Coro­naimpfungen als „dilettantisch“ kritisiert. Bei der zweiten Runde in der vergangenen Woche seien „meh­rere Tausend Anrufe“ beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst eingegangen, sagte der KVH-Vorsitzende Frank Dastych.

Die Hotline für die Vergabe der Impftermine und der Bereitschaftsdienst haben dieselbe Nummer (116 117), Anrufer werden dann aber über ein Zahlenauswahlmenü an zwei unterschiedliche Callcenter wei­ter­geleitet.

„Die Leute sind ja nicht blöd: Wer bei der 1 nicht weiterkommt, drückt beim nächsten Mal die 2 oder die 3 und verstopft damit unsere Leitungen“, sagte Dastych. „Unsere Mitarbeiter müssen jedem Einzelnen dann erklären: „Nein, hier gibt es keine Impftermine.“, „Nein, ich kann Sie nicht durchstellen.“

Und was machen die Leute, die medizinische Probleme haben und bei der 116 117 nicht durchkommen, dann? Sie wählen schlimmstenfalls den Notruf 112.“ Aus Sicht der KV wäre es besser gewesen, für die Impftermine eine eigene Nummer zu verwenden.

Schnellstmöglich sollte aus Sicht der KV auch eine „aufsuchende Impfung“ für alte Menschen zu Hause beginnen. Impfberechtigte über 80 Jahre, die zu Hause leben, müssten nicht nur das „Windhundrennen“ zum Impftermin hinter sich bringen, sondern dann auch zum Impfzentrum gelangen. Wer auf dem Land lebe und keine Hilfe habe, habe schlechte Karten. Dass mancherorts die Städte das Taxi bezahlten, sei lobenswert, „aber das ist doch eine Krücke“.

Der KVH-Chef rechnet damit, dass schon in wenigen Monaten auch in Arztpraxen gegen das Coronavirus geimpft werden könnte. „Wenn die Lieferungen so kommen, wie jetzt gesagt wird, können wir ab März oder April mehr Menschen impfen als die Impfzentren schaffen“, sagte Dastych. Bis dahin gebe es auch mindestens zwei Impfstoffe, die nicht so stark gekühlt werden müssten wie der von Biontech/Pfizer.

„In vielen anderen Bundesländern laufen dazu schon Gespräche mit den KVen“, sagte Dastych, „in Meck­lenburg-Vorpommern wird sogar bereits in Arztpraxen geimpft“. In Hessen gebe es hingegen seines Wissens nach dafür weder Pläne noch Gespräche.

Hausärzte und medizinische Fachangestellte sollten aus Sicht KV deutlich früher selbst gegen das Coro­navirus geimpft werden. Ärzte mit Haus- oder Facharztpraxen seien „nicht weniger wert“ als Medizi­ner in Krankenhäusern und auch nicht weniger gefährdet, sagte Dastych. „Wer geht denn ins Altenheim, wenn es einen Coronaausbruch gibt? Das sind die niedergelassenen Kollegen.“

Hausärzte seien jeden Tag mit kranken Patienten konfrontiert, von denen sie nicht wüssten, ob sie mit dem Coronavirus infiziert sind. In Dialysezentren „spielen sich Dramen ab“, sagte Dastych. Wer drei Mal die Woche zur Dialyse müsse, müsse das auch mit COVID-19. Den Mitarbeitern dort eine Impfung vorzuenthalten sei, „wie Polizisten eine Schutzweste zu verweigern“.

dpa

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