Ärzteschaft

KBV drängt auf Verbesserungen für Praxen bei Honorar und Digitalisierung

  • Mittwoch, 23. Juli 2025
/picture alliance, Fotostand, Reuhl
/picture alliance, Fotostand, Reuhl

Berlin – Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) blickt „hoffnungsfroh“ auf die für Mitte August anstehenden Verhandlungsrunde für die Honorare der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte.

Es sei positiv, dass der neue Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, eine Nullrunde für „abwegig“ bezeichnet habe, sagte KBV-Vorstandsvorsitzender Andreas Gassen heute vor Journalisten in Berlin. Trotz knapper Kassenfinanzen sei dies ein gutes Zeichen, dass die Krankenkassen mehr als den Inflationsausgleich anbieten wollten.

In der derzeitigen Diskussion um die Finanzierung des solidarischen Krankenversicherungssystems stärkt die KBV den Vertretern der Krankenkassen den Rücken. Der Staat müsse für die Beiträge der Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld in vollem Umfang aufkommen, so Gassen.

In der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geplanten Kommission für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verlangt auch die KBV einen Sitz. „Es kann nicht sein, dass die ambulante Versorgung hier nicht mit am Tisch sitzt. Wir hoffen auf eine echte Änderung der Diskussionskultur im Ministerium“, sagte Gassen.

Nach Vorstellung der KBV sollten Verbände der Ärzteschaft, der Krankenkassen sowie die Gesundheitspolitik am Tisch sitzen. Expertinnen und Experten aus Universitäten oder anderen Institutionen sollten für Befragungen eingeladen werden können. „Das wäre eine echte Änderung im Vergleich zu vorherigen Expertenrunden im BMG“, so KBV-Vize Stephan Hofmeister.

In der Debatte um das im Koalitionsvertrag angekündigte Primärarztsystem mahnten die KBV-Vorstände an, die Zielvorgaben für die Patientensteuerung genau zu definieren. „Soll es eine Verknappung der Angebotes und damit eine Gatekeeperfunktion des Hausarztes sein? Soll das Gesundheitssystem dadurch billiger werden? Oder soll es eine Steuerung der vorhandenen, aber knappen Ressourcen werden?“, fragte Hofmeister.

Er betonte, man wolle eher die vorhandenen Ressourcen, die durch den demografischen Wandel immer knapper würden, durch Prioritätensetzungen und klare Steuerungselemente besser steuern.

Bei der im Koalitionsvertrag versprochenen Termingarantie müsse ebenso über die Definition diskutiert werden. „Wofür braucht es Garantien? Hier müssen wir medizinisch festlegen, für welchen Fall in welchem Zeitraum dies notwendig ist“, betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende.

In einem Primärarztsystem – ebenso wie bei der Reform der Notfallversorgung – werde die Rufnummer 116117 immer wichtiger. Nach Angaben von Gassen kennen inzwischen 60 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die Nummer. Daher müsse sie eine „zentrale Rolle spielen“.

Dazu gehöre auch eine entsprechende Finanzierung. Noch sei der Betrieb nicht hoch skaliert, da er derzeit aus den Honoraren der Niedergelassenen und den Kassenärztlichen Vereinigungen finanziert werde, sagte Gassen. Künftig müsse diese Finanzierung aus anderen Töpfen kommen. Auch den Krankenhäusern würden derzeit wieder Gelder für Cybersicherheit aus dem Sondervermögen angekündigt, hier müssten auch die Strukturen der KVen berücksichtigt werden.

Kurz vor der verpflichtenden Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) stellen nach Angaben von KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner weiterhin nicht alle Anbieter von Praxisverwaltungssystemen (PVS) ein Modul zur Nutzung der ePA zur Verfügung. 75 Prozent der Praxen hätten bereits diese Module von ihren PVS-Anbietern.

„Das heißt aber auch, dass ein Viertel der Praxen noch kein Modul haben“, so Steiner. Generell beklagte sie die mangelnde Stabilität der Telematikinfrastruktur (TI). Hier sei inzwischen 96 Prozent Betriebsverfügbarkeit erreicht. „Das hört sich zwar gut an, aber das heißt auch, dass 14 Tage im Jahr das System nicht läuft.“

Um die hohen Kosten für Praxisinhaber bei der Digitalisierung abzufedern, plädiert die KBV für ein Praxissicherstellungsgesetz, in dem der weitere notwendige Digitalisierungsschub in der Praxis abgebildet werden soll, betonte Steiner.

Die ambulante Versorgung sei der „digitalisierteste Teil des Gesundheitswesens“, allerdings finanziert von selbstständig tätigen Ärztinnen und Ärzten, so der KBV-Vorstand. Daher müsse es in dem Gesetz eine Finanzierung für Investitionen in die sich schnell verändernden Anforderungen an digitale Produkte geben – ähnlich wie bei den Krankenhäusern geben, fordert die KBV.

Die KBV will sich bei der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) auch dafür einsetzen, dass es bei Impfstoffen keine Regresse gibt. Die Körperschaft verwies auf Fälle, in denen nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Umsetzung einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission noch die Prüfung des BMG gefehlt hatte. Niedergelassene, die die Impfung zulasten der GKV bereits angeboten hatten, wurden von einigen Kassen dafür in Regress genommen.

Für bessere Vorkehrungen für mehr Resilienz auch in der ambulanten Versorgung warb KBV-Vize Hofmeister. So forderte er vom BMG zügig einen Dialog über ein Gesundheitssicherstellungsgesetz ein. Man habe in der Coronazeit „auf dem kleinen Dienstweg vieles mit hohem Aufwand“ geregelt, aber keine der damaligen Regelungen hätten bisher den Weg in die reguläre Gesetzgebung für Krisenfälle gefunden.

Es müsse klar geregelt werden, wie Praxen in Kriegs- und Krisenfällen möglichst lange für die Versorgung der Bevölkerung da sein könnten. Dabei gehe es unter anderem um mögliche Stromausfälle, die Versorgung von vielen geflüchteten Menschen oder Regelungen, wie mit Rezepten oder Patientenakten umgegangen werde, wenn digitale Systeme nicht mehr funktionierten, so Hofmeister.

bee

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung