KBV-Vize Hofmeister: Medizinische Beratungsleistungen in Apotheken abwegig

Berlin – Der Ausbau der Beratungsleistungen in Apotheken, wie das Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) es vorsieht, ist für Stephan Hofmeister, den stellvertretenden Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), „abwegig“. Das sagte er heute im Rahmen der KBV-Vertreterversammlung in Berlin.
Wenn es darum gehe, medizinische Beratung anzubieten, dann sei das Heilkunde, die ausdrücklich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten sei, betonte er. „Wenn Apotheken dann auch noch im Rahmen der neuen sogenannten pharmazeutischen Dienstleistungen für Präventionsangebote werben dürfen, was Ärztinnen und Ärzte wiederum verboten ist, dann ist das eine Unwucht, die wir so auf keinen Fall hinnehmen können.“
Nach seiner Einschätzung reihen sich solche Vorhaben nahtlos in einen Trend ein, der in der aktuellen Gesundheitspolitik der Ampelregierung schon eine Weile zu beobachten sei. Dies sei die „zunehmende Deprofessionalisierung von Gesundheitsversorgung“.
Anzeichen seien die medizinische Beratung durch Apothekenpersonal statt Ärzte, Apotheken ganz ohne Apotheker und der Entwurf zum Pflegekompetenzgesetz, welches vorsieht, dass Pflegekräfte künftig selbstständig erweiterte heilkundliche Leistungen in der Versorgung erbringen können.
In diese Politik der „Verwässerung professioneller Berufsausübung“ füge sich auch das Vorhaben, die im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorgesehenen sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen zur hausärztlichen Versorgung zu ermächtigen. Alles, was die hausärztliche Versorgung im Kern ausmache, könnten solche Zentren nicht leisten.
Hofmeister kritisierte zudem, dass die geplanten Einrichtungen zu Zentren der allgemeinmedizinischen Weiterbildung gemacht werden sollen. Künftige Hausärztinnen und Hausärzte würden dann in stationären Einrichtungen ausgebildet werden, die weder das Krankheitsspektrum noch die Leistungstiefe einer hausärztlichen Praxis vorweisen können. „Das ist nicht nur absurd – es ist eine versorgungspolitische Bankrotterklärung!“
Parallelstrukturen abzulehnen
Für den KBV-Vize mache dies deutlich, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die dezentrale, wohnortnahe und eigenständige hausärztliche Versorgung in Praxen eben nicht stärken wolle, sondern Parallelstrukturen schaffe, die zu einem „schleichenden Systemwechsel“ führten.
Statt aber „sinnfreie Parallelstrukturen“ zu schaffen und Praxen und Krankenhäuser gegeneinander auszuspielen, müsse die Politik sich darum kümmern, professionelle Arbeitsteilung in den Praxen zu erleichtern sowie eine rationale Steuerung der Inanspruchnahme von Leistungen zu ermöglichen.
„Diese beiden Maßnahmen wären ein echter Beitrag, um ärztliche Ressourcen bestmöglich einzusetzen und nicht bloß Pseudo-Lösungen, die alles verschlimmbessern“, so Hofmeister. Hierzu lägen konkrete Vorschläge und Angebote aus der Ärzteschaft vor, sie müssten nur endlich vom Gesetzgeber umgesetzt werden.
Hofmeister forderte in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Umsetzung des wiederholt angekündigten Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens ein. Auch hierzu lägen Vorschläge des KV-Systems auf dem Tisch.
Oberstes Ziel sei dabei, „echte“ Arztzeit zu schaffen – also Zeit für die Arbeit mit den Patientinnen und Patienten. „Das wäre ein echter Beitrag zur Arzt- und Patientenzufriedenheit“, so Hofmeister.
Warnende Töne kamen vom KBV-Vize zur Gesundheitspolitik auf europäischer Ebene. In Brüssel und Straßburg würden von den EU-Gremien immer häufiger Entscheidungen vorbereitet und getroffen, die in „nicht zulässiger Weise“ das ärztliche und psychotherapeutisches Handeln in Deutschland eingreifen.
Mittlerweile werde dort offen die europaweite Angleichung und Vereinheitlichung auch im Bereich Gesundheit offen propagiert, warnte Hofmeister. Deshalb sei es gut und wichtig, vor Ort präsent zu sein und die Entwicklung aufmerksam zu beobachten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: