Medizin

Kein Überlebensvorteil durch Transplantation frischer Erythrozyten

  • Dienstag, 25. Oktober 2016
/dpa
dpa

Hamilton – Das Alter der Blutkonserven hat keinen Einfluss auf das Sterberisiko der Patienten, denen sie  transfundiert werden. Dies geht aus der bisher größten randomisierten Studie zu dieser Frage hervor, die auf der Jahrestagung der American Academy of Blood Banks in Orlando/Florida vorgestellt und im New England Journal of Medicine (2016; doi: 10.1056/NEJMoa1609014) publiziert wurde.

Moderne Konservierungsmethoden haben die Haltbarkeit von Blutkonserven deutlich verlängert. Die meisten Blutbanken geben ihre Produkte bis zum 42. Tag nach der Blutspende ab. Die langen Lagerzeiten stoßen immer wieder auf Skepsis. Viele Kliniker misstrauen älteren Blutkonserven, obwohl bereits ein Dutzend randomisierter klinischer Studien zu dem Ergebnis kam, dass sie mit keinen Nachteilen für die Patienten verbunden sind. Auch eine im Januar in Blood (2016; 127: 400-10) veröffentlichte Meta-Analyse auf der Basis von 5.229 Patienten bestätigte dies. 

Viermal so viele Teilnehmer hatte die INFORM-Studie („Informing Fresh versus Old Red Cell Management“), die zwischen April 2012 und Oktober 2015 an sieben Kranken­häusern in Kanada, den USA, Australien und Israel durchgeführt wurde. Die Blutbanken der Kliniken wiesen nach dem Losverfahren den Patienten jeweils die frischeste oder die älteste (zur Blutgruppe passende) Konserve zu, die sie gerade im Lager hatten. Das Alter der Konserven betrug in den beiden Gruppen 13,0 und 23,6 Tage. Primärer Endpunkt war ein Todesfall in der Klinik.

Wie Nancy Heddle von der Michael G. DeGroote School of Medicine Hamilton/Ontario berichtet, starben von den Patienten, die die frischesten Blutkonserven erhalten hatten, 9,1 Prozent in der Klinik. Von den Empfängern der ältesten Konserven starben 8,7 Prozent. Dies ergibt sogar ein tendenziell erhöhtes Sterberisiko bei den Empfängern frischer Konserven. Die Odds Ratio von 1,05 war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,95 bis 1,16 jedoch nicht signifikant.

Selbst unter der ungünstigsten Annahme wäre das Sterberisiko bei Verwendung älterer Konserven nur leicht erhöht. Diese Daten betreffen nur die Blutgruppen A und 0. Die Studienleitung hatte die Analyse auf diese Blutgruppen beschränkt, weil die Blutgruppen AB und B zu selten waren, um ein signifikantes Ergebnis zu erwarten. In einer zweiten Analyse wurden dann alle 24.736 Konserven berücksichtigt. Am Ergebnis änderte dies nichts. Das Sterberisiko war erneut unter Verwendung der frischen Blutkonserven leicht, aber nicht-signifikant erhöht (9,1 versus 8,8 Prozent; Odds Ratio 1,04; 0,95-1,14).

Die Studie sollte ein für alle Mal die Diskussion über die Verwendung von alten Blutkonserven beenden, meinte Aaron Tobian von der Johns Hopkins University in Baltimore – jedoch nicht ohne hinzuzufügen, dass nunmehr die Qualität von Blutkonserven aus der letzen Woche (Tage 35 bis 42) näher unter die Lupe genommen werden sollte.

rme

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