Intensivmedizin: Keine Nachteile durch ältere Blutkonserven

Melbourne – Das Alter der transfundierten Blutkonserven hat in einer internationalen randomisierten Studie das Sterberisiko von Intensivpatienten nicht beeinflusst. Die älteren Konserven lösten laut der Publikation im New England Journal of Medicine (2017; doi: 10.1056/NEJMoa1707572) sogar seltener Transfusionsreaktionen aus, und bei den am schwersten erkrankten Patienten war das Sterberisiko vermindert.
Blutkonserven werden heute bis zu 42 Tage nach der Blutspende verwendet. Um die knappen Ressourcen rational zu verteilen, werden an vielen Zentren zunächst die älteren Blutkonserven abgegeben ohne Rücksicht auf den Schweregrad der Erkrankung bei Empfänger.
Die Australian and New Zealand Intensive Care Society hat in den letzten Jahren untersucht, ob die bevorzugte Abgabe von frischeren Blutkonserven die Überlebenschancen von Intensivpatienten verbessern könnte. An der TRANSFUSE-Studie nahmen an 59 Zentren aus fünf Ländern (neben Australien und Neuseeland noch Saudi-Arabien, Finnland und Irland) insgesamt 4.994 Patienten teil, die länger als 24 Stunden auf einer Intensivstation behandelt wurden und dort im Mittel vier Blutkonserven erhalten hatten.
Die Patienten wurden auf die Standard-Vergabe der ältesten verfügbaren Blutkonserve oder auf eine bevorzugte Abgabe von frischeren Blutkonserven randomisiert. In der ersten Gruppe waren die verwendeten Blutkonserven im Durchschnitt 22,4 Tage alt, in der zweiten Gruppe wurden sie nach 11,8 Tagen transfundiert.
Wie James Cooper von der Monash Universität in Melbourne und Mitarbeiter jetzt berichten, war die 90-Tage-Sterblichkeit, der primäre Endpunkt der Studie, in beiden Gruppen gleich: In der Gruppe mit der bevorzugten Vergabe von frischen Konserven waren 610 Patienten (24,8 Prozent)gestorben, gegenüber 594 Patienten (24,1 Prozent) unter der Standardverteilung. Die absolute Risikodifferenz von 0,7 Prozentpunkten war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von minus 1,7 bis 3,1 Prozent nicht signifikant. Auch nach 180 Tagen gab es keine wesentlichen Unterschiede in der Mortalität.
Es gibt deshalb für Cooper keinen Grund, die frischen Blutkonserven bevorzugt an die kränksten Patienten zu verteilen. Eine Subgruppen-Untersuchung ergab sogar, dass die Sterblichkeit von Patienten mit dem ungünstigsten APACHE III-Score ein leicht erhöhtes Sterberisiko hatten, wenn sie die frischen Blutkonserven erhalten hatten (Odds Ratio 1,18; 1,00–1,39). Eine mögliche Erklärung könnte die schlechtere Verträglichkeit von frischen Blutkonserven sein, die nach einem weiteren Ergebnis der Studie mit einem um 42 Prozent erhöhten Risiko auf febrile Transfusionsreaktionen verbunden war (Odds 1,42; 1,07–1,88). Mit Blutkonserven verhalte es sich wie mit Rotwein, ein gewisses Alter könne der Qualität nicht schaden, meint Cooper.
Die Studie bestätigt insgesamt die Ergebnisse aus zwei früheren Untersuchungen, die ABLE-Studie („Age of Blood Evaluation“) und die INFORM-Studie („Informing Fresh versus Old Red Cell Management“) waren ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass das Alter der Blutkonserven (in einer gewissen Zeitspanne) keinen Einfluss auf die Prognose der Patienten hat.
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