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Kinder- und Jugendschutz: Politik will an Beschränkungen für Social Media arbeiten

  • Freitag, 12. Dezember 2025
/kromkrathog, stock.adobe.com
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Berlin/Halle – Spätestens, wenn die Expertenkommission „Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt“ im Sommer 2026 erste Ergebnisse vorlegt, will die Politik auch für den Umgang mit den Sozialen Medien bessere Rahmenbedingungen schaffen, um Kinder und Jugendliche vor ihren negativen Auswirkungen zu schützen.

Dies kündigte Jasmina Hostert, jugendpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, heute in einer Diskussionsrunde der Leopoldina zur Gestaltung der sozialen Medien für junge Menschen an.

Die Zahlen zum Abhängigkeitsverhalten und zur Nutzungsrate seien alarmierend, so Hostert. Einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge liegt bei rund zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ein suchtartiges Nutzungsverhalten der Sozialen Medien vor.

Durch den jetzigen Umgang mit dem Thema würden die Risiken von Social Media die Chancen deutlich überwiegen. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, etwas dagegen zu unternehmen und Kindern den Schutz zu gewährleisten, der ihnen zustünde, betonte die jugendpolitische Sprecherin.

Um entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, habe die Politik bereits die Expertenkommission beauftragt, die sich unter anderem mit Kriterien für einen sicheren Umgang mit den sozialen Medien auseinandersetze, so Hostert.

Wichtig sei dafür auch, dass die Gesetzgebung auf europäischer Ebene angepasst werde, sagte Indra Spiecker genannt Döhmann, Professorin für das Recht der Digitalisierung an der Universität Köln und Mitautorin des Leopoldina-Diskussionspapiers.

Mit der DSA-Verordnung der Europäischen Union (EU), die unter anderem einheitliche Haftungs- und Sicherheitsvorschriften für digitale Plattformen vorgibt, sei keine nationale Gesetzgebung möglich. Europa müsse daher beispielsweise beim Thema Altersbegrenzung für die Sozialen Medien nachschärfen, so Spiecker genannt Döhmann.

National könne das Problem bereits jetzt im Bereich des Bildungssektors angegangen werden. Um alle zu erreichen, müsse die Gestaltung, wie mit sozialen Medien im Bildungskontext umgegangen werde und wie Kinder und Jugendliche an das Thema herangeführt würden, jedoch möglichst zentral erfolgen und nicht wie bisher auf Länder- oder kommunaler Ebene, sagte sie.

„Als Bundespolitiker können wir die EU-Ebene nicht ignorieren“, sagte dazu auch Hostert. Als nationales Parlament müsse man deshalb nun mehr Druck auf europäischer Ebene ausüben und dafür sorgen, das etwas getan werde.

Marie-Teresa Weber, Leiterin der Abteilung für regulatorische Angelegenheiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei Meta, machte darauf aufmerksam, dass Jugendschutz in ihrem Unternehmen bereits jetzt ein Prioritätsthema sei. „In der Problemanalyse sind wir nicht weit weg davon, was die Leopoldina bereits erfasst hat und was in der Politik diskutiert wird“, sagte sie mit Verweis auf ein Diskussionspapier der Leopoldina zum Thema, das im August veröffentlicht wurde.

Mit entsprechenden Lösungen, wie beispielsweise der Einführung von Teen-Accounts, die 13- bis 17-Jährigen mehr Schutz auf sozialen Plattformen ermöglichen sollen, versuche man bereits, dem Problem zu begegnen, so Weber. Man versuche zudem, Konten zu erfassen, bei denen der Verdacht bestehe, dass Nutzer jünger als 13 Jahre alt seien.

Trotz alledem müssten Dinge wie die Altersbegrenzung gesetzlich geregelt werden, betonte sie. Dies müsse zentral und datensparsam erfolgen und dürfe nicht mit einem kompletten Auslesen sensibler Daten verbunden sein.

„Die Risikobewertung ist sehr komplex“, berichtete Sebastian Gutknecht, Direktor der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ), von seiner Arbeit in der Expertenkommission. Es sei wichtig, die Risiken auch gemeinsam mit den Anbietern zu identifizieren.

Problematisch sei beispielsweise, dass die Vorsorgemaßnahmen, die etwa Meta mit den Teen-Accounts getroffen habe, nicht ausreichend funktionierten und auch Zwölfjährige die Altersschranken leicht umgehen könnten. „Faktisch haben wir eine Untergrenze von 13 Jahren, aber sie wird millionenfach überschritten“, sagte er. Es sei unstrittig, dass an dieser Stelle etwas passieren müsse und eine gesetzgeberische Klarstellung notwendig sei.

Wichtig sei dabei jedoch auch, die digitale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen nicht zu vernachlässigen und darauf zu bauen, dass sie auch von und mit den digitalen Medien lernen könnten, so Gutknecht.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Leopoldina hatten im August ein Diskussionspapier mit Handlungsempfehlungen für die Politik vorgelegt, um Kinder und Jugendliche vor den negativen Auswirkungen der Sozialen Medien zu schützen.

Im Vordergrund stehen darin vor allem Alters- und Zugangsbeschränkungen, aber auch die elterliche Begleitung und Selbststeuerung, die Ausgestaltung der Sozialen Medien für Kinder und Jugendliche sowie geeignete Maßnahmen für Bildungseinrichtungen, für die gesellschaftliche Aufklärung und zur Stärkung der unabhängigen Forschung auf dem Gebiet.

So schlagen die Leopoldina-Wissenschaftler etwa vor, dass Kinder unter 13 Jahren keine Social-Media-Accounts einrichten dürfen und 13- bis 15-Jährige diese nur nach gesetzlich vorgeschriebener elterlicher Zustimmung nutzen dürfen.

Für eine altersgerechte Gestaltung der Sozialen Medien könnten demnach ein Verbot personalisierter Werbung und die Unterbindung besonders suchterzeugender Funktionen wie Push-Nachrichten und endloses Scrollen infrage kommen.

Bis einschließlich der zehnten Klasse empfehlen die Wissenschaftler außerdem ein Verbot von Smartphones und die Verankerung eines entsprechenden digitalen Bildungskanons, der Kinder und Jugendliche ab dem Kindergarten auf Themen des digitalen Lebens vorbereiten soll. Die Kompetenzen von Lehr- und Erziehungsfachkräften sollten gestärkt werden, um riskantes beziehungsweise suchtartiges Nutzungsverhalten frühzeitig erkennen und adressieren zu können.

„Kinder und Jugendliche sollen einerseits vor den potenziellen Gefahren sozialer Medien durch altersabhängige Zugangsbeschränkungen und durch verbindliche Mindestanforderungen geschützt werden, andererseits sollen sie zu einem souveränen, reflektierten und kompetenten Umgang mit ihnen befähigt werden und es soll ihnen eine angemessene digitale Teilhabe ermöglicht werden“, heißt es in dem Papier.

Viele der diskutierten Maßnahmen griffen noch zu kurz, um beiden Zielen zugleich gerecht zu werden und konzentrierten sich vor allem auf die Altersbeschränkung.

nfs/PB

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