Kinderärzte in Sorge wegen Adipositaswelle bei Kindern und Jugendlichen

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) warnt zusammen mit der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) vor einer zweiten, einer „stillen Pandemie“, die sich neben der Coronapandemie ereignet.
„Es gibt bei Kindern einen klaren Anstieg an Adipositas während der coronabedingten Lockdowns. Zudem beobachten wir bei Jugendlichen eine deutliche Zunahme der Neumanifestationen von Typ-2-Diabetes“, sagte Susann Weihrauch-Blüher, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) der DAG.
Die in jüngster Zeit durch Corona eingeschränkten Bewegungs- und Sportmöglichkeiten, ein hoher Medienkonsum und fehlende Strukturen in Tagesablauf und Sozialleben gelten als Ursache für die Entwicklung.
„Der Beginn aber reicht wesentlich weiter zurück als die Coronapandemie “, betonte die DAG-Vizepräsidentin Susanna Wiegand, denn „seit Jahren schon verlieren auch normalgewichtige Kinder Muskelmasse und bauen Körperfett auf.“ Dabei gehe es nicht nur um das Körpergewicht, sondern um die gesamte Entwicklung. „Eine Trendwende ist nicht in Sicht“.
Laut der DGKJ und der DAG sind rund zwei Millionen Kinder in Deutschland übergewichtig, 800.000 davon adipös. Die Zahl der von Typ-2-Diabetes betroffenen Jugendlichen werde in Deutschland derzeit auf rund 1.000 geschätzt, die Dunkelziffer sei aber deutlich höher und insbesondere seit Beginn der Coronapandemie mit großer Wahrscheinlichkeit nochmals deutlich angestiegen, hieß es aus den Gesellschaften. Sie fordern mehr Prävention und Therapie der kindlichen Adipositas.
„Stattdessen aber ist die Kostenübernahme von ambulanten evidenzbasierten und leitliniengetreuen Adipositasschulungsmaßnahmen noch immer nicht gesicher“, kritisierte Wiegand.
„Für ein spürbar gesünderes Aufwachsen unserer Kinder sind politische Schritte maßgeblich“, betont der DGKJ-Präsident Jörg Dötsch. Dazu gehörten unter anderem verpflichtende und klare Lebensmittelkennzeichnungen, Verbote für Dickmacherwerbung, die an Kinder gerichtet sei – auch durch Influencer – und die Vermittlung von Ernährungskompetenz schon von der Kita an.
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