Kippels offen für Ausweitung von Impfungen in Apotheken

Berlin – Georg Kippels (CDU), designierter Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), zeigt sich offen für eine Ausweitung von Impfungen in Apotheken. Das erklärte er gestern bei einer Veranstaltung des Verbands Pharma Deutschland.
Bisher darf in Apotheken nur gegen Influenza und COVID-19 geimpft werden. Zur Verbesserung der Impfzahlen sei es auch denkbar, dass Apotheken in Zukunft auch gegen weitere Erkrankungen impfen dürfen.
„Man muss ja nur nach Frankreich schauen“, sagte Kippels. „Ich glaube schon, dass es mit Blick auf andere europäische Beispiele vertretbar ist, über eine Ausweitung nachzudenken.“ In Frankreich hätten Impfungen in Apotheken zu einer Erhöhung der Impfzahlen geführt. Auch dort habe es Debatten zwischen Ärzte- und Apothekerschaft gegeben.
Das Angebot in der Apotheke sei maximal niedrigschwellig. Man solle „überlegen, wo ich mich impfen lassen kann. Freitagnachmittag beim Hausarzt? Schwierig. Samstagmorgen in der Apotheke? Das geht.“ Das sei eine Frage, die man sich stellen müsse. Selbstverständlich müssten die Vorgaben für Schulungen den jeweiligen Impfungen entsprechen und Haftungsfragen geklärt sein.
Eine Ausweitung der Impfbefugnisse für Apotheken war bereits im vergangenen Herbst im Gespräch. Änderungsanträge zum letztlich wegen des Koalitionsbruchs nicht mehr verabschiedeten Entwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit sahen vor, dass Apotheken über Grippe- und COVID-19-Impfungen hinaus dauerhaft sämtliche weitere Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen bei Erwachsenen durchführen dürfen sollen.
Daraufhin hatte sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) entschieden gegen dieses Vorhaben ausgesprochen. In einer Stellungnahme erklärte sie, dass die Erweiterung der Impfmöglichkeiten in Apotheken gegen den Arztvorbehalt verstoße.
Denn bei der Impfung und den dazugehörigen Aufgaben wie Aufklärung, Anamnese und gegebenenfalls dem Beherrschen von Notfallmaßnahmen handele es sich um die Ausübung von Heilkunde. Und für diese sei eine ärztliche Approbation notwendig, die keinesfalls durch die gesetzlich angeordnete Schulung ersetzt werden könne. Der Bundesgesetzgeber habe aber keine Kompetenz, Ausnahmen vom Arztvorbehalt zu bestimmen.
Die Hamburger Apothekerin Heike Gnekow wies etwaige Kritik an mangelnder Qualifikation ihrer Kolleginnen und Kollegen unterdessen zurück. Apothekerinnen und Apotheker könnten sehr genau einschätzen, wann eine Person nicht geimpft werden sollte. „Wir sind Experten darin, unsere Grenzen zu kennen. Das machen wir jeden Tag in der Selbstmedikation“, erklärte sie. Für Notfälle wie anaphylaktische Schocks seien sie ebenfalls geschult „und im schlimmsten Fall rufen wir die 110 – so wie es jede Arztpraxis auch tut“. (Anm. d. Red.: Den Rettungsdienst erreicht man über die 112).
Sie habe selbst in ihrem Umfeld Widerstand von Ärzten gegen die Impfungen in ihrer Apotheke – rund 3.000 seit 2023 – erfahren, plädiere aber für mehr Akzeptanz. „Ich bin der festen Überzeugung, dass nicht ein einziger Patient weniger in einer Arztpraxis geimpft wird, weil Apotheken impfen“, sagte sie.
Sie erreiche mit ihrer Apotheke viele Gruppen, insbesondere arbeitstätige Jüngere, die in Arztpraxen unterrepräsentiert seien. „Unsere gesellschaftliche Aufgabe ist riesig, deshalb halte ich nichts von diesem Kompetenzgerangel. Es ist politisch gewollt, dass wir diese Herausforderung gemeinsam angehen, und da würde ich mir von der Ärzteschaft mehr Unterstützung wünschen.“
Unterstützung erhielt sie dafür von Ann-Kathrin Klemm, Vorständin beim BKK-Dachverband. Es stimme zwar, dass Impfungen in Apotheken kompliziert seien. „Die Wahrheit ist aber auch, dass viele Apotheken sagen, ich lege mich doch nicht mit dem Arzt nebenan an“, erklärte sie.
Die neuen Möglichkeiten zur datengestützten Versichertenansprache, die die Krankenkassen mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) erhalten haben, seien bisher nicht der große Wurf, um mittels gezielter Erinnerungsbenachrichtigungen die Impfzahlen zu steigern.
Das Verfahren sei zu umständlich und bürokratisch ausgestaltet. Ein Problem seien zudem die uneinheitlichen Honorarkosten, die fürs Impfen anfallen. Sie spreche sich für eine Vergütung aus, die unabhängig ist von der Indikation, gegen die geimpft wird.
Die Bundesärztekammer (BÄK) und der Deutsche Ärztetag (DÄT) sprechen sich seit Jahren gegen Impfbefugnisse für Apotheken aus. Es sei kontraproduktiv, das hohe Qualitätsniveau von Impfleistungen in Deutschland zu senken und das Impfrecht auch auf andere Professionen aus dem Gesundheitswesen zu übertragen, hatte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt im Jahr 2022 angesichts der Einführung von Grippeimpfungen in Apotheken erklärt. „Impfen gehört zur ärztlichen Regelversorgung.“
Der DÄT hatte die Politik im selben Jahr aufgefordert, „das Impfgeschehen zum Wohle der Patientinnen und Patienten in ärztlicher Hand zu belassen“. Die Ärztinnen und Ärzte böten schon jetzt ein flächendeckendes, wohnortnahes und niederschwelliges Impfangebot.
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