Klimawandel: Häufige Sorge in der Psychotherapie

Eichstätt – Psychotherapeuten in Deutschland sind häufig mit klimawandelbedingten Sorgen konfrontiert. Zu diesem Ergebnis kommt eine kürzlich veröffentlichte Umfrage unter 573 Psychotherapeuten (BMC Psychology, 2024; DOI: 10.1186/s40359-024-01677-x).
Mehr als zwei Drittel (71 %) der Teilnehmenden berichtete, dass Patienten Sorgen bezüglich der Klimakrise mitteilten. Von diesen Therapeuten hatten 41 % mindestens einen Patienten, der die Behandlung aufgrund von Klimastress begonnen hat.
„Die Ergebnisse der Studie spiegeln wieder, was wir letztlich schon länger wissen: Die Klimakrise schadet unserer psychischen Gesundheit, unter anderem durch die belastende innere Auseinandersetzung mit ihren Implikationen“, sagte die psychologische Psychotherapeutin Lea Dohm dem Deutschen Ärzteblatt.
Psychische Belastungen entstünden nicht nur durch eine Beschäftigung mit der Krise, sondern auch durch indirekte Folgen, wie klimawandelbedingte Hitze, Konflikte oder körperliche Erkrankungen, so die Mitinitiatorin von Psychologists for Future.
Fehlende Informationen zum Umgang mit klimawandelbedingten Sorgen
Die Hälfte der Therapeuten, die Patienten mit Sorgen um den Klimawandel betreuten, berichtete, dass ihnen Informationen darüber fehlten, wie sie mit solchen Problemen in der Therapie umgehen sollten. Allerdings gaben auch knapp 80 % von ihnen an, dass sie sich durch ihre derzeitigen therapeutischen Fähigkeiten ausreichend vorbereitet fühlten.
Obwohl es bereits verschiedene Leitlinien zum Umgang mit klimawandelbedingten Sorgen in der Psychotherapie gibt, könnten Materialien verbessert werden, schreibt das Autorenteam um Katharina Trost von der katholischen Universität Eichstätt – Ingolstadt.
„Für die Behandlungen selbst empfehle ich mit Blick auf die enorm hohe Krankheitslast einen weiteren Ausbau an Gruppenangeboten und eine kritische, aber ergebnisoffene Prüfung KI-gestützter Versorgungsformen, um zukünftig möglichst vielen Menschen Hilfsangebote machen zu können“, erklärte Dohm.
„Die wirksamste Therapie gegen Klimastress ist Klimaschutz“, verdeutlicht die Expertin. Auch viele Maßnahmen aus anderen Tätigkeitsfeldern, wie Städtebegrünung, Clusterwohnen oder die Entlastung von Care-Arbeitenden, schützten die psychische Gesundheit und bedürften fachlicher Unterstützung.
Die Studie war eine bundesweite Online-Querschnittsbefragung unter approbierten und in Ausbildung befindlichen Psychotherapeuten zwischen Februar und April 2023.
Die Patienten waren größtenteils junge Erwachsene zwischen 19 und 34 Jahren und hatten höhere Bildung. Depressionen, Anpassungsstörung und generalisierte Angststörung waren die häufigsten Hauptdiagnosen. Etwa 80 % der Befragten waren davon überzeugt, dass klimawandelbedingte Sorgen zu schwerwiegenden funktionellen Beeinträchtigungen der Patienten führen können.
Auch Ältere fühlen sich durch den Klimawandel bedroht
Allerdings sind es nicht nur junge Menschen, die sich aufgrund des Klimawandels bedroht fühlen. Jede 4. Person in Deutschland ab dem Alter von 43 schätzt die Bedrohung durch den Klimawandel als hoch ein, so das Ergebnis des Deutschen Alterssurveys.
„Dass Älteren das Thema egal ist, entpuppt sich dabei als Vorurteil“, kommentierte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) die Umfrage. Das sei eine wichtige Erkenntnis, die Generationen stärker zusammenrücken lässt und das Miteinander fördern könne, so Paus.
Weder das Alter noch das Einkommen machte einen signifikanten Unterschied in den Bedenken um den Klimawandel. Die Umfrage-Teilnehmenden sollten auf einer Skala von 1 (keine Bedrohung) bis 10 (extreme Bedrohung) einschätzen, als wie bedrohlich sie den Klimawandel empfinden. In der Gruppe der 43 bis 55-Jährigen lag der Mittelwert bei 5,86, während er in der Gruppe der 76-90-Jährigen bei 5,62 lag.
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