Klingbeil wirbt im Bundestag für 100-Milliarden-Paket für Länder und Kommunen

Berlin – Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat im Bundestag für das 100-Milliarden-Euro-Paket der Bundesregierung für Länder und Kommunen geworben und Zweifel an dessen Wirksamkeit zurückgewiesen.
„Wir räumen einen Investitionsstau beiseite, der jahrelang Kinder, Vereine und Ehrenamtliche buchstäblich ausgebremst hat“, sagte Klingbeil heute im Plenum. Die Opposition bemängelte, dass die Mittel nicht nur wie eigentlich vorgesehen in zusätzliche Investitionen in den Ländern und Kommunen fließen, sondern auch anderweitig ausgegeben werden könnten.
Die 100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen sind ein Teil des im März eingesetzten und im Grundgesetz verankerten 500-Milliarden-Euro-Finanzpakets. Mit dem Gesetz, über das der Bundestag heute erstmals beriet, soll nun der neue Grundgesetzartikel umgesetzt werden.
Ziel ist es, dass die Länder und Kommunen das Geld schnell in ihre Infrastruktur investieren und so die Basis für langfristiges Wirtschaftswachstum schaffen. Das Geld soll vor allem in die Infrastruktur investiert werden. Genannt werden etwa Verkehr, Krankenhäuser und Pflege, Bildung, Digitalisierung und den Bevölkerungsschutz.
Die Mittel werden zwischen den Ländern nach dem so genannten Königsteiner Schlüssel verteilt – also entsprechend ihrer Größe und ihrem Steueraufkommen.
Demnach sollen rund 21,1 Prozent nach Nordrhein-Westfalen fließen, Bayern erhält 15,7 Prozent, Baden-Württemberg 13,2 Prozent, Niedersachsen 9,4 Prozent, Hessen 7,4 Prozent und das Land Berlin 5,2 Prozent. Danach folgen die anderen Bundesländer mit jeweils weniger als fünf Prozent. Schlusslicht ist Bremen mit 0,9 Prozent. Die Länder sollen dann festlegen, wie viel Geld sie an die Kommunen weitergeben.
SPD-Chef Klingbeil ging auch auf die Bedenken in den Kommunen ein, wonach das Geld wegen unklarer Gesetzesformulierungen nicht wie gewünscht bei den Ländern und Kommunen ankommen und dort in zusätzliche Investitionen fließen könnte.
„Wir gehen davon aus, dass ein Großteil der Gelder in den Kommunen ankommt“, sagte Klingbeil. „Diese 100 Milliarden, die wir heute auf den Weg bringen, sind ein wesentlicher Beitrag dafür, unser Land stark zu machen“, sagte Klingbeil weiter.
Auch der CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg verteidigte die Finanzpläne der Bundesregierung. „Wir handeln mit diesem Gesetz und zwar ganz konkret“, sagte Middelberg im Bundestag. „Das ist der konkreteste und beste Beitrag, um die Infrastruktur unmittelbar vor Ort zu stärken“.
Kritiker monieren, dass der Gesetzentwurf nicht explizit festschreibt, dass auf kommunaler Ebene die Investitionen zusätzlich zu bereits geplanten Maßnahmen stattfinden müssen. Beim Sondervermögen Infrastruktur auf Bundesebene ist diese Zusätzlichkeit dagegen klar festgeschrieben.
Der Forscher Niklas Potrafke vom Wirtschaftsinstitut Ifo kritisierte: „Mit den neuen Schulden werden Investitionen aus den Kernhaushalten verlagert.“ Die Politik sehe vor, dass mit den neuen Schulden auch bereits geplante Investitionsvorhaben finanziert werden könnten.
„Das würde in den Kernhaushalten mehr Geld für andere Vorhaben, etwa für Soziales freimachen“, kritisierte der Ökonom. „De facto wäre dies eine schuldenfinanzierte Ausweitung des Sozialstaates. Das gilt es zu verhindern.“
Im Bundestag kritisierte die Opposition den Gesetzentwurf. Es gebe „nur wenig echte neue Investitionen, die diesen Namen auch wirklich verdienen“, sagte der AfD-Abgeordnete Michael Espendiller. „Diese ganzen neuen Verschuldungsmöglichkeiten für Bund und Länder werden also kaum für zusätzliche Investitionen benutzt, sondern nur zum Stopfen von Haushaltslöchern.“
Der Grünen-Politiker Sebastian Schäfer bemängelte das Fehlen einer „konsequenten Zweckbindung“ in dem Gesetzentwurf. So seien klimaschädliche Projekte nicht von den Investitionen ausgeschlossen. Christian Görke von den Linken nannte den Gesetzentwurf „unzureichend, denn er berücksichtigt in keiner Weise diesen exorbitanten Investitionsstau in den Ländern und Kommunen“. Nach der Aussprache wurde das Gesetz zur weiteren Beratung in den zuständigen Haushaltsausschuss überwiesen.
Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) forderte, dass die Verwendung der 100 Milliarden Euro möglichst schnell sichtbar werden müsse. „Wir haben so viele Herausforderungen, wo wir sehr zeitnah zeigen können: Es geht voran“, sagte Lies im NDR. Als Beispiele nannte er Straßen, öffentliche Gebäude und Sportplätze. Gleichzeitig forderte er, den Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit bei der Verwendung der Gelder einzuräumen.
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