Knie-Endoprothese: Evidenzbasierte Aufklärungsbögen und Gespräche ohne gewünschten Effekt

Berlin/Witten – Evidenzbasiertes Aufklärungsmaterial zu Knie-Endoprothesen haben in einer Pilotstudie nicht zu einer objektiv verbesserten Risikoeinschätzung oder einem erhöhten Wissen bei Patienten geführt.
Das ergab eine vom Institut für Forschung in der Operativen Medizin der Universität Witten/Herdecke geleitete Untersuchung. Die Studie wurde vom Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert.
Hintergrund ist, dass die OP-Aufklärung in Deutschland laut dem Projektteam aufgrund der Haftungsrisiken für Behandlungsfehler oftmals eher risikozentriert erfolgt. Diese Form der Risikodarstellung einer Behandlung könne sich auf das Angstniveau von Patienten auswirken und einen Nocebo-Effekt auslösen, hieß es aus der Forschungsgruppe.
Das primäre Ziel der Pilotstudie war es, evidenzbasierte Aufklärungsbögen für das Beispiel der Knie-Totalendoprothese und relevante Anästhesieverfahren zu entwickeln und in einer Pilotstudie zu untersuchen.
Dabei wurde der Frage nachgegangen, ob evidenzbasierte Aufklärungsbögen die Risikoeinschätzung verbessern und die Angst der Patienten vor Komplikationen sowie die Anzahl an tatsächlich auftretenden unerwünschten Ereignissen beziehungsweise den Nocebo-Effekt reduzieren können.
In der Auswertung zeigte sich kein Effekt der Intervention auf die untersuchten Endpunkte. Subjektiv berichteten jedoch insbesondere Patienten mit größerem Informationsbedarf von einem Nutzen durch die evidenzbasierte Aufbereitung. Auch Ärztinnen und Ärzte bewerteten die Übersichtlichkeit und die Darstellung der Komplikationshäufigkeiten positiv.
Allerdings äußerten die Mediziner häufig die Befürchtung, sich nicht rechtskonform zu verhalten und drängten auf eine wiederholte Prüfung der Rechtssicherheit. Auch die Rechtsabteilungen der Kliniken zeigten laut dem Projektteam wenig Bereitschaft, von den alten Aufklärungsbögen abzuweichen.
„Es ist nicht nur die Befürchtung einer Defensivmedizin, sondern auch einer Defensivjurisprudenz deutlich geworden“, heißt es im Abschlussbericht zu dem Projekt. Eine rechtssichere und gleichzeitig patientenzentrierte Gestaltung von Aufklärungsprozessen bleibe daher ein ungelöstes Problem, so das Fazit nach Abschluss des Projektes.
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