Koalitionsfraktionen räumen Zwist bei Legalisierung von Cannabis aus

Berlin – Der Cannabiskonsum soll nach dem Willen der Koalitionsfraktionen ab dem 1. April teilweise legal sein. Die stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktionen verkündeten heute zumindest eine Einigung bei internen Gesprächen zum Gesetzentwurf. Kritik aus den einigen Reihen gibt es aber weiterhin.
Den Koalitionsspitzen zufolge gibt es kaum Änderungen am bisherigen Entwurf. Es sollen lediglich die Auswirkungen auf den Kinder- und Jugendschutz sowie auf die Organisierte Kriminalität zeitnah evaluiert werden. Nun muss der Bundestag dem Gesetzesvorhaben abschließend zustimmen.
„Die Regelungen sind ein echter Meilenstein für eine moderne Drogenpolitik, mit der die Prävention gestärkt und der Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz verbessert werden“, heißt es in der Mitteilung von Konstantin Kuhle (FDP), Dagmar Schmidt (SPD), Maria Klein-Schmeink (Grüne). Zudem würden Konsumenten entkriminalisiert „sowie der sogenannte Schwarzmarkt effektiv bekämpft“.
„Das Cannabisgesetz kommt zum 1. April. Damit haben wir einen echten Paradigmenwechsel in der Cannabispolitik erreicht“, sagte die sucht- und drogenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Kristine Lütke. Sie betonte, es gebe auch für Medizinalcannabispatienten gute Nachrichten.
„Cannabis wird als Medizin aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen. Für den Anbau von Medizinalcannabis in Deutschland schaffen wir mehr Möglichkeiten und eröffnen so neue wirtschaftliche Chancen“, sagte sie. Die anzunehmenden positiven Effekte der Gesetzesänderung werden man „frühzeitig und genau evaluieren“.
Die Legalisierung ist allerdings äußerst umstritten. Besonders die Ärzteschaft sowie Juristen und die Polizei stellen infrage, dass die Regelung zu den genannten Zielen führt. Auch SPD-Innenpolitiker hatten kurz nach der Einigung Bedenken geltend gemacht. Dabei ging es etwa geringere Mindestabstände zu Schulen und Kindertagesstätten beim Cannabiskonsum.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, kritisierte die gestern Abend getroffene Absprache und kündigte im Gespräch mit Zeit online an, der Reform im Bundestag nicht zustimmen zu wollen. „Die Bedenken, die ich hatte und die zur Verzögerung des Gesetzes geführt haben, sind weiterhin nicht ausgeräumt. Daher kann ich dem Vorhaben so nicht zustimmen.“
Auch der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler zeigte sich unzufrieden. „Es bleibt bei meinem Nein in der Abstimmung. Diese Reform führt zu einer „Entkriminalisierung von Dealern anstatt zu einer längst überfälligen Entkriminalisierung von Konsumierenden.“
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hatte zuletzt gehofft, dass die geplante Legalisierung von Cannabis in Deutschland nicht zustandekommt.
Laut Gesetzentwurf wird Cannabis im Betäubungsmittelgesetz aus der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen. Erwachsene können dann zum Eigenkonsum bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen und drei Cannabis-Pflanzen zuhause anbauen.
Außerdem sollen Cannabisclubs mit bis zu 500 Mitgliedern die Droge gemeinschaftlich anbauen dürfen. Dabei dürfen maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat an Mitglieder ausgegeben werden. Für Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren soll dies auf 30 Gramm pro Monat mit verringertem THC-Gehalt begrenzt sein.
Das THC sorgt für den Rausch. Er wird bei jungen Menschen bis 25 Jahren aber auch für Psychosen verantwortlich gemacht. Ferner soll es sich negativ auf Gedächtnis-, Lern- und Erinnerungsleistungen sowie auf die Intelligenz auswirken können.
Bei der ersten Lesung im Bundestag hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in einer teilweise sehr leidenschaftlichen Debatte das Vorhaben verteidigt. Die bisherige Drogenpolitik sei gescheitert; es brauche eine Wende. Union und AfD forderten hingegen in eigenen Anträgen, die Legalisierung zu stoppen.
Das Gesetz soll nun in der Woche ab dem 19. Februar im Bundestag verabschiedet werden. Mit der Einigung der Ampel-Fraktionen gilt die Zustimmung als sicher. Der Bundesrat wird sich dann voraussichtlich am 22. März mit dem Gesetz befassen.
Dessen Zustimmung ist aber nicht nötig. Die Länderkammer kann lediglich Einspruch einlegen. Da in jeder Landesregierung außer der bayerischen mindestens eine Ampelpartei vertreten ist, gilt ein Einspruch aber als unwahrscheinlich und das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. April als ziemlich sicher.
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