Koalitionsvertrag in Hessen: Mehr Regionalität

Berlin – In Hessen wollen die dortige CDU sowie die Grünen ihre Zusammenarbeit nach der Landtagswahl fortführen. Im Koalitionsvertrag lassen sich gleich an mehreren Stellen Hinweise auf die künftige Gesundheitspolitik finden.
„Ambulante und stationäre Versorgung, Gesundheitsförderung und Prävention, Rehabilitation, Pflege und palliative Medizin sowie ehrenamtlichen Strukturen müssen enger verzahnt und zusammen gedacht werden“, heißt es zu Beginn des Koalitionsvertrages, über den am kommenden Wochenende von den jeweils zuständigen Parteitagen und Mitgliederversammlungen abgestimmt werden soll.
Eingeflossen sind in den Koalitionsvertrag die Ideen aus dem kürzlich erst verabschiedeten „Gesundheitspakt 3.0“, den der noch amtierende Gesundheitsminister Stefan Grütter (CDU) mit Ärztevertretern, Krankenkassen sowie Krankenhäusern in den vergangenen Wochen vereinbart hatte. Inzwischen ist allerdings klar, dass das Sozial- und Gesundheitsministerium an die Grünen geht.
Mit dem Gesundheitspakt soll eine „gute, moderne und flächendeckend erreichbare Gesundheitsversorgung in Hessen“ gesichert werden. Dazu zählen auch neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe sowie der Ausbau von Telemedizin und digitalen Angeboten. Künftig wolle sich Hessen weiter für eine kleinräumige Bedarfsplanung im ländlichen sowie urbanen Raum einsetzen.
Förderung für Gesundheitszentren
Regionale Gesundheitszentren sollen gefördert werden, „mit dem Ziel, am Ende der Legislaturperiode in jedem Landkreis ein Gesundheitszentrum in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung, den Kommunen und den Kostenträgern etabliert zu haben.“ Ebenso sollen Gemeinschaftspraxen oder Medizinische Versorgungszentren (MVZ), die von einem Landkreis oder von einer Gemeinde getragen werden, gefördert werden.
„Einen besonderen Fokus legen wir auf den Beginn und das Ende des Lebens – deshalb sichern wir mit einem Zukunftsprogramm Geburtshilfe die Hebammenversorgung in Hessen und stärken die ambulante und stationäre Palliativversorgung“, heißt es an einer anderen Stelle.
Bei der künftigen Notfallversorgung wollen die Koalitionäre sich weiterhin an dem sogenannten „Höchster Modell“ orientieren, nach dem in der Notaufnahme des Krankenhauses entschieden wird, ob der Patient im Krankenhaus bleibt oder zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst geschickt wird. Dieses Modell soll bis Ende der Legislatur eingeführt werden. Der Rettungsdienst soll „unterstützt, ausgebaut und mit Telemedizin nutzbar“ gemacht werden.
Für die Krankenhäuser sehen CDU und Grüne vor, dass die Investitionsmittel deutlich erhöht werden sollen. „Wir werben weiter für Verbundlösungen und stellen hierfür finanzielle Anreize bereit“, heißt es in dem Text. Bei einigen Krankheiten, exemplarisch werden Diabetes und Aids aufgeführt, sollen Gesamtbehandlungsstrategien erarbeitet werden, die landesweit umgesetzt werden sollen.
Auch für die wohnortnahe Pflege will sich die künftige Landesregierung einsetzen: „Die Sicherung einer würdevollen Pflege für jeden Pflegebedürftigen liegt uns besonders am Herzen“. Dabei sollen die ambulante wie stationäre Pflege gestärkt sowie Pflegekräfte gewonnen werden, „deren wertvolle Leistung wir anerkennen und angemessen honorieren wollen.“
Dafür sollen die Ausbildung verbessert sowie die Aus- und Weiterbildungsaktivitäten gesteigert werden. Ausländische Abschlüsse sollen schneller und einfacher anerkannt werden, auch soll die Pflege stärker entbürokratisiert werden. Dabei soll es eine 1:1-Betreuung bei der Geburt geben. Hebammen sollen künftig auch stärker in die regionalen Gesundheitskonferenzen eingebunden werden.
Mehr Geld für Universitätskliniken
Die neue Landesregierung will sich über ihre Stimme im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Universitätsmedizin künftig eine dritte zusätzliche Finanzierungssäule bekommt. Die beiden hessischen Uniklinika sollen höhere Trägerzuschüsse bekommen. Ebenso sollen die Studienplatzkapazitäten erhöht werden. Die Teilstudienplätze an der Uni Marburg werden in Kooperation mit der Hochschule Fulda und dem Klinikum Fulda komplett in Vollstudienplätze umgewandelt, heißt es im Koalitionsvertrag. Auch will Hessen künftig eine Landarztquote einführen, kombiniert mit einem Stipendium für künftige Landärzte.
In ersten Reaktionen begrüßten viele Hessische Gesundheitsexperten den Vertrag. Der Klinikverbund Hessen lobt die „deutliche Verbesserung der Finanzierung der Krankenhäuser“. In einer Mitteilung heißt es: „Auf der Grundlage des Koalitionsvertrages freuen wir uns auf die Fortsetzung der guten und konstruktiven Zusammenarbeit mit der Landesregierung“, sagte Reinhardt Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbundes.
Auch die hessische Psychotherapeutenkammer sieht viel Positives in dem Koalitionsvertrag. So stehe in dem Text explizit, dass die Versorgung psychisch kranker Menschen in den eigenen vier Wänden verbessert werden soll. Ebenso soll der sozialpsychiatrische Dienst der Kommunen gestärkt werden. „Wir freuen uns, dass die Koalitionspartner den bisherigen Gesundheitspakt mit allen relevanten Akteuren des Gesundheitswesens fortschreiben und dabei künftig auch die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten einbeziehen wollen“, erklärt die Präsidentin der Psychotherapeutenkammer Hessen, Heike Winter, in einer Stellungnahme.
Wer neuer Minister oder Ministerin an der Spitze des Gesundheitsministeriums wird, ist noch unklar. Spekuliert wird, dass der Landeschef der Grünen, Kai Klose, gute Chancen auf das Ministeramt haben könnte.
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